Allgemeines zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist seit dem 18.08.2006 aufgrund von EU-Richtlinien in Kraft. Inoffiziell wird es auch Antidiskriminierungsgesetz genannt.
Schwerpunkt ist das Arbeitsrecht; es schützt Arbeitnehmer, Auszubildende, arbeitnehmerähnliche Personen, Bewerber, Beamte und ehemalige Beschäftigte. Inhaltlich ähnelt es dem Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes, darf damit jedoch nicht gleichgesetzt werden. Das Grundsetz betrifft prinzipiell nur Handlungen des Staates, wohingegen das AGG in das Privatrecht eingreift und die Privatautonomie eingrenzt. Auf diese Weise soll der Anspruch der Gleichbehandlung des Grundgesetzes für das Verhalten von Bürgern miteinander umgesetzt werden.
Anwendung des AGG – Personenbezogene Merkmale
Die Richtlinien des AGG können nicht in allen gesellschaftlichen und rechtlichen Bereichen in Anspruch genommen werden und verbieten auch nicht jede Form der Ungleichbehandlung. Sie greifen nur dann, wenn bestimmte im Gesetz spezifizierte Merkmale gegeben sind.Dies betrifft primär bestimmte personenbezogene Merkmale, hinsichtlich welchen die Vorgaben des AGG geltend gemacht werden können.
Demnach ist Diskriminierung verboten, wenn sie die Rasse oder ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion oder Weltanschauung, eine Behinderung, das Alter oder die sexuelle Identität eines Menschen betrifft. Die sexuelle Identität umfasst sowohl die sexuelle Selbstdefinition wie auch die sexuelle Ausrichtung auf andere Menschen.
Nicht enthalten sind weitere Merkmale, die die EU-Charta vorsieht, beispielsweise die soziale oder räumliche Herkunft. Es ist somit nicht unzulässig, wenn sich beispielsweise ein Arbeitgeber aus Berlin weigert, Arbeitnehmer aus München einzustellen. Dieses Verhalten mag diskriminierend sein, ist jedoch nicht durch das AGG verboten.
Anwendung des AGG – Anwendungsbereiche
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz legt darüber hinaus fest, in welchen Bereichen eine Benachteiligung nicht stattfinden darf. Dies betrifft die Bedingungen für den Zugang zu Erwerbstätigkeiten und beruflichem Aufstieg, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen.
Ebenso wenig darf eine Personengruppe hinsichtlich Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen diskriminiert werden, was sich auch auf das Arbeitsentgelt und die Entlassungsbedingungen bezieht. Der Zugang zu Berufsberatung, Berufsbildung, Berufsausbildung, beruflicher Weiterbildung, Umschulungen und praktischer Berufserfahrung darf keinen Ungleichbehandlungen unterworfen sein.
Diskriminierung ist ebenfalls verboten, wenn sie bezüglich der Mitgliedschaft und Mitwirkung in Gewerkschaften, Arbeitgebervereinigungen und Vereinigungen, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, angewendet wird.
Außerdem sind soziale Vergünstigungen und der Sozialschutz einschließlich sozialer Sicherheit und Gesundheitsdiensten von Ungleichbehandlungen auszuschließen. Bildung sollte frei zugänglich sein, desgleichen gilt für den Zugang zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, beispielsweise Wohnraum.
Anwendung des AGG – Formen der Benachteiligung
Das AGG unterscheidet in seiner Anwendung fünf verschiedene Formen der Diskriminierung.
Unter unmittelbarer Diskriminierung versteht man die weniger günstige Behandlung einer Person gegenüber einer anderen in einer vergleichbaren Situation. Diese liegt beispielsweise dann vor, wenn über 50-jährige in einer Stellenausschreibung aufgefordert werden, sich nicht zu bewerben.
Die mittelbare Diskriminierung betrifft Situationen, in denen sich oberflächlich neutral wirkende Vorschriften, Maßnahmen, Kriterien oder Verfahren, die sich in der Praxis diskriminierend auswirken. Der Tatbestand der mittelbaren Benachteiligung ist nicht immer leicht zu ermitteln; glücklicherweise leisteten sowohl der Europäische Gerichtshof wie auch das Bundesarbeitsgericht hier wertvolle Vorarbeit.
Angenommen, eine Firma schlösse Teilzeitkräfte von Weiterbildungsmaßnahmen aus, diese Teilung der Mitarbeiter beträfe aber hauptsächlich Frauen negativ – hierbei handelt es sich um mittelbare Diskriminierung.
Die dritte Art der Diskriminierung nach dem AGG ist die Belästigung. Dies betrifft die Verletzung der Würde einer Person, spezifisch durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen. Ein Fall von Belästigung liegt vor, wenn zum Beispiel in Anwesenheit eines homosexuellen Mitarbeiters wiederholt homophobe Witze erzählt werden.
Eine besondere Form der Belästigung ist die sexuelle Belästigung, welche ebenfalls strafbar nach dem AGG ist. Als sexuelle Belästigung sind ungewollte sexuelle Berührungen, Aufforderungen, Bemerkungen oder auch das Zeigen von pornografischem Material einzuschätzen.
Gleichermaßen unzulässig ist die Anweisung zur Diskriminierung in einer der oben genannten Formen. Wird eine Kellnerin von ihrem Vorgesetzten angewiesen, Menschen mit offensichtlichen Behinderungen des Lokals zu verweisen, ist dies gesetzeswidrig.
Anwendung des AGG – Ausnahmeregelungen
Alle Vereinbarungen, die im Arbeitsverhältnis geschlossen werden und gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, sind unwirksam.
Allerdings ist die unterschiedliche Behandlung zweier Personen oder Personengruppen nicht grundsätzlich mit Diskriminierung gleichzusetzen. Im Einzelfall können Ungleichbehandlungen zulässig sein; beispielsweise dürfen Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin ein Höchstalter für die Einstellung von Arbeitnehmern festlegen.
Erlaubt ist es auch, besondere Fördermaßnahmen zum Ausgleich bereits bestehender Nachteile zu ergreifen, wenn sie angemessen und erforderlich sind. Eine spezielle Förderung für Frauen ist somit gestattet. Ist ein gefordertes Kriterium für eine Tätigkeit „eine wesentliche und entscheidende“ berufliche Anforderung, kann dieses Kriterium verlangt werden, ohne dass eine Diskriminierung vorliegt.
Eine weitere Ausnahme ist die sogenannte „Kirchenklausel“. Diese beachtet das Selbstbestimmungsrecht von Kirchen und Tendenzbetrieben. Demnach dürfen Religionsgemeinschaften Beschäftigte hinsichtlich ihrer Weltanschauung und Religion auswählen. Ein katholischer Kindergarten hat somit zum Beispiel das Recht, einen muslimischen Bewerber abzulehnen.
Ungleichbehandlungen sind darüber hinaus generell nicht verboten, wenn ein rechtlich von Diskriminierung ausgeschlossenes Kriterium nicht das Hauptmotiv für selbige darstellt. Das Arbeitsgericht Berlin urteilte, dass es durchaus zulässig ist, einen Bewerber aufgrund unzureichender Deutschkenntnisse abzulehnen, obwohl dies primär auf Menschen fremder ethnischer Herkunft zutrifft.
Die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers nach dem AGG
Arbeitgeber und Personalverantwortliche müssen sich hinsichtlich des AGG mit einigen Themen beschäftigen, die die Rolle diskriminierender Verhaltensweisen und Handlungen innerhalb des Unternehmens betreffen. Die Ziele potentieller Diskriminierung müssen ausgemacht werden; anschließend müssen Strategien festgelegt werden, wie diese verhindert werden kann.
Darüber hinaus sollte eine Bestandsanalyse vorgenommen werden, um aufzudecken, ob im Betrieb möglicherweise bereits unmittelbare oder mittelbare, bewusste, unbewusste oder billigend hingenommene Diskriminierung stattfindet. Auch sollte ermittelt werden, ob bestimmte Situationen das Entstehen von Diskriminierung begünstigen.
Sollte sich herausstellen, dass eine Belästigung oder Benachteiligung vorliegt, müssen die Merkmale dieser ausfindig gemacht werden, denn wie bereits beschrieben, ist nicht jede Ungleichbehandlung dem AGG nach unzulässig. Das bedeutet, dass anschließend geprüft werden sollte, ob bestehende Benachteiligungen eventuell im Einklang mit dem AGG gerechtfertigt werden können.
Aus diesen Punkten ergeben sich Pflichten, Haftungsrisiken und Entschädigungsansprüche, die das AGG Arbeitgebern zuweist und die beachtet werden müssen. Dies betrifft Schutz-, Organisations- und Maßnahmepflichten, die Beweislastumkehr zu Lasten des Arbeitgebers, Entschädigungsansprüche, einstweilige Verfügungsverfahren, sowie das Beschwerde- und Leistungsverweigerungsrecht der Arbeitnehmer. Ebenso sollten die Rechte des Betriebsrats geachtet werden.
Es sollte demnach geprüft werden, ob Neuregelungen für Stellenausschreibungen, Einstellungs- und Auswahlverfahren sowie Absagen notwendig sind. Eventuell müssen die Maßstäbe für Arbeitsverträge, Kündigungen, Sozialauswahl und Arbeitszeugnisse angepasst werden.
Die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers nach dem AGG – Konkrete Bedeutung
Konkret beinhalten die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes viele Umsetzungsmöglichkeiten. Diese beginnen schon im Einstellungsverfahren. So können Absagen an Bewerber beispielsweise ohne die Angabe von Gründen formuliert werden und stattdessen Mustertexte enthalten. Den erforderlichen Maßnahmen kann nachgekommen werden, indem Schulungen veranstaltet werden, eine Beschwerdestelle eingerichtet wird und/oder das AGG im Betrieb durch einen Aushang bekannt gemacht wird.
Selbstverständlich muss auf auftretendes diskriminierendes Verhalten zügig reagiert werden. Dies kann bedeuten, entsprechende Konsequenzen durchzusetzen, bis hin zur Kündigung des sich unzulässig verhaltenden Mitarbeiters.