Was ist Insiderhandel?
Insiderhandel ist eine rechtliche und ethische Frage von erheblicher Tragweite im Bereich des Wertpapierhandels. Er tritt auf, wenn Personen nicht öffentliche Informationen über ein börsennotiertes Unternehmen nutzen, um mit den Finanzinstrumenten dieses Unternehmens zu handeln und so von einer bevorstehenden Kursentwicklung zu profitieren. Dieses Verhalten untergräbt die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die Finanzmärkte, da es den Wettbewerb und die Chancengleichheit beeinträchtigt.
Die Marktmissbrauchsverordnung und nationale Gesetze sind in vielen Ländern streng gegen Insiderhandel. Die grundlegende Regel lautet: Wenn jemand spezifisches, kursrelevantes und noch nicht öffentlich bekanntes Wissen über ein börsennotiertes Unternehmen besitzt, ist es illegal, dieses Wissen für den eigenen Vorteil zu nutzen.
Wer sind Insider?
Insider können in zwei Hauptkategorien unterteilt werden, und es ist wichtig zu verstehen, wer als Insider gilt:
Primäre Insider: Primäre Insider sind Personen, die aufgrund ihrer Position in einem Unternehmen Zugang zu vertraulichen Informationen haben. Dies können leitende Angestellte, Vorstandsmitglieder*innen oder Mitarbeitende sein, die Zugang zu sensiblen Daten haben.
Sekundäre Insider: Sekundäre Insider sind Personen, die nicht direkt bei dem betreffenden Unternehmen beschäftigt sind, aber dennoch Zugang zu Insiderinformationen haben. Dies kann auf bestehenden Geschäftsbeziehungen, Verbindungen zu Primär-Insidern oder anderen Kanälen beruhen.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Quelle des Insiderwissens keine Rolle spielt. Ob die Informationen direkt von einer primären Quelle stammen oder auf indirektem Wege erlangt wurden, spielt für die rechtliche Beurteilung keine Rolle. Das Handeln auf der Grundlage von Insiderinformationen ist in beiden Fällen strafbar.
Insiderinformationen: Was zählt dazu?
Ein zentraler Aspekt im Zusammenhang mit Insiderhandel ist die Definition von Insiderinformationen. Insiderinformationen sind wie vorher beschrieben alle nicht öffentlich bekannten Informationen, die erheblichen Einfluss auf den Kurs einer Aktie oder eines anderen Finanzinstruments haben könnten. Es ist wichtig zu beachten, dass Insiderinformationen nicht immer offensichtlich sind und sich auf verschiedene Aspekte eines Unternehmens beziehen können.
Hier sind einige Beispiele für Insiderinformationen:
- Strategische Unternehmensentscheidungen: Dies könnte die Einführung eines neuen Produkts, den Marktausstieg, eine Fusion oder Übernahme, die Erschließung neuer Märkte oder die Umstrukturierung des Unternehmens umfassen.
- Wechsel im Vorstand und Aufsichtsrat: Informationen über Veränderungen in der Führungsebene eines Unternehmens, einschließlich neuer CEO-Ernennungen oder Rücktritte von Vorstandsmitgliedern.
- Unternehmenszu- oder -verkäufe: Geplante Akquisitionen oder Desinvestitionen, die erhebliche Auswirkungen auf die finanzielle Gesundheit des Unternehmens haben könnten.
- Übernahmeangebote: Informationen über geplante Übernahmeangebote von anderen Unternehmen.
- Drohende Insolvenz: Das Wissen, dass ein Unternehmen sich in finanziellen Schwierigkeiten befindet und in naher Zukunft einen Insolvenzantrag stellen wird.
- Kooperationen und Partnerschaften: Geplante Partnerschaften oder Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, die sich auf die Wettbewerbsposition des Unternehmens auswirken könnten.
- Produkt-Launch oder Einstellung von Produkten: Informationen über bevorstehende Produktveröffentlichungen oder die Einstellung von Produkten, die den Aktienkurs beeinflussen können.
- Kenntnisse über zu erwartende Quartals- oder Jahreszahlen: Internes Wissen über die finanzielle Performance des Unternehmens, das noch nicht öffentlich bekannt gegeben wurde.
Es ist wichtig zu betonen, dass Insiderinformationen nicht nur auf finanzielle Aspekte beschränkt sind, sondern auch auf strategische und geschäftliche Entwicklungen abzielen. Die genaue Definition von Insiderinformationen kann je nach Gerichtsbarkeit und Aufsichtsbehörde variieren, aber sie basiert in der Regel auf dem Konzept, dass solche Informationen erheblichen Einfluss auf den Kurs eines Finanzinstruments haben können.
Wie funktioniert Insiderhandel?
Der Insiderhandel funktioniert, indem Personen, die über nicht öffentlich bekannte Informationen verfügen, diese Informationen nutzen, um an der Börse zu handeln und dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen.
Dies kann an folgenden Beispielen verdeutlicht werden:
Beispiel 1: Insiderhandel bei Mitarbeitenden im Technologieunternehmen
Ein Entwicklungsingenieur bei einem Technologieunternehmen, der an der Entwicklung eines revolutionären Produkts beteiligt ist, erfährt vor der offiziellen Produktankündigung von erheblichen Qualitätsproblemen, die das Produkt in ein ungünstiges Licht rücken. Anstatt diese Informationen intern zu melden, entscheidet sich der Ingenieur, seine Aktienoptionen auszuüben und Aktien des Unternehmens zu verkaufen, bevor die negativen Nachrichten öffentlich bekannt werden. Der Aktienkurs des Unternehmens stürzt nach der Bekanntgabe der Qualitätsprobleme ab, und der Ingenieur hat vermieden, hohe Verluste bei seinen Aktienpositionen zu erleiden. Dieses Verhalten stellt einen Fall von illegalem Insiderhandel dar.
Beispiel 2: Insiderhandel auf Führungsebene in der Pharmaindustrie
Der CEO eines Pharmaunternehmens hat Kenntnisse über laufende geheime Verhandlungen mit einem anderen Unternehmen, um eine hochprofitable Übernahme zu tätigen. Diese Informationen sind streng vertraulich und wurden weder den Aktionären noch der Öffentlichkeit mitgeteilt. Der CEO entscheidet sich, vor der offiziellen Ankündigung der Übernahme eine beträchtliche Menge an Aktien des eigenen Unternehmens zu kaufen. Nach der Bekanntgabe der Übernahme steigt der Aktienkurs des Unternehmens deutlich an, und der CEO verkauft seine Aktien zu einem erheblichen Gewinn. Dieses Verhalten stellt einen weiteren Fall von illegalem Insiderhandel dar, da vertrauliche Informationen für den persönlichen finanziellen Vorteil genutzt wurden.
Konsequenzen und Prävention
Die Marktmissbrauchsverordnung (MMVO) in Artikel 4 sieht vor, dass Insiderhandel und verwandte Verstöße schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Diese umfassen nicht nur Strafen für tatsächlich begangene Insidergeschäfte, sondern auch für den Versuch, Dritte zur Beteiligung an Insidergeschäften zu motivieren und die unbefugte Veröffentlichung von Insiderwissen. Die Sanktionen können Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen von bis zu 5 Millionen Euro umfassen.
Ein einschneidendes Beispiel aus Deutschland ist der Fall von Infomatec im Jahr 2000, bei dem der ehemalige Vorstand Gerhard Harlos aufgrund von Insiderhandel zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und einer Geldstrafe in Höhe von 9.000 Euro verurteilt wurde. Diese Fälle unterstreichen die ernsthaften Auswirkungen von Insiderhandel auf die Finanzmärkte und die Wirtschaft.
Daher ist es von entscheidender Bedeutung, präventive Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört, die Insiderhandelsregelungen zu verstehen und unabhängig von der Informationsquelle zu befolgen, da Unwissenheit nicht vor Strafbarkeit schützt. Unternehmen, die börsennotierte Wertpapiere ausgeben, sind dazu verpflichtet, “Insiderlisten” zu führen, auf denen Personen verzeichnet sind, die Zugang zu nicht-öffentlichen Informationen haben.
Die Sensibilisierung von Mitarbeitenden durch Compliance-Beauftragte und Vorgesetzte ist entscheidend, um die Einhaltung der Regeln sicherzustellen und Mitarbeitende über Risiken und Konsequenzen zu informieren. Zusätzlich haben sich Online-Schulungen als äußerst effektives Mittel erwiesen, um sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden umfassend geschult werden und eine starke Compliance-Kultur in Unternehmen zu fördern.
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Fazit
Es ist von entscheidender Bedeutung, sich der Bedeutung der Einhaltung dieser Regeln bewusst zu sein, um das Vertrauen der Anleger in die Finanzmärkte zu wahren und sicherzustellen, dass der Handel fair und transparent bleibt. Insiderhandel untergräbt die Glaubwürdigkeit der Märkte und kann zu erheblichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen führen. Daher ist es für jeden, der mit Wertpapieren handelt oder in Unternehmen tätig ist, unerlässlich, die Regeln zum Insiderwissen zu verstehen und zu befolgen, und im Zweifel rechtzeitige Beratung bei Vorgesetzten oder Compliance-Beauftragten einzuholen. Ergänzend dazu sind Online-Schulungen ein effektives Mittel, um Mitarbeitende präventiv zu sensibilisieren und zu schulen, und können dabei helfen, das notwendige Wissen zu erwerben und auf dem neuesten Stand zu bleiben.
Quellen
- https://www.mmvo.de/MMVO-Text/
- https://lawpilots.com/de/blog/compliance/gefahren-insiderhandel/
- https://www.faz.net/aktuell/finanzen/aktien/insiderhandel-ex-infomatec-vorstand-harlos-verurteilt-1128972.html
- https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19741/insiderhandel/