Was ist ein Kartell?
Kartelle sind Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen zwischen unabhängigen Unternehmen, die darauf abzielen oder bewirken, dass der Wettbewerb eingeschränkt wird. Ein Kartell hat das Ziel, Preise für Produkte oder Dienstleistungen künstlich zu erhöhen und den Marktzugang für Wettbewerber zu erschweren. Sie können vielfältige Formen annehmen und haben oft schwerwiegende Auswirkungen auf den Markt, die Wettbewerber und die Verbraucher.
Kategorien von Kartellen
- Vertikale Vereinbarungen
Vertikale Vereinbarungen betreffen Unternehmen auf unterschiedlichen Marktstufen, beispielsweise innerhalb einer Produktionskette. Diese Art von Kartellen kann verschiedene Formen annehmen und hat oft weitreichende Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Marktstruktur:
- Preisabsprachen zwischen Herstellern und Einzelhändlern: In solchen Fällen einigen sich Hersteller und Einzelhändler auf bestimmte Preise oder Preisniveaus für Produkte. Dies kann den Wettbewerb auf Einzelhandelsebene erheblich beeinflussen.
- Gebietsbeschränkungen: Hierbei wird vereinbart, dass Lieferanten nur noch in bestimmte geografische Gebiete liefern dürfen. Zum Beispiel könnte ein Lieferant festlegen, dass er nur noch in Hamburg, nicht aber in Berlin, liefert.
- Querversorgungsabsprachen: Diese Absprachen legen fest, dass Händler ausschließlich Produkte desselben Herstellers verkaufen dürfen und keine Produkte von Konkurrenten führen dürfen.
- Verbindliche Wiederverkaufspreise: Hersteller legen verbindliche Preise für den Wiederverkauf ihrer Produkte durch Händler fest, was den Spielraum für Preiswettbewerb erheblich einschränkt.
- Horizontale Vereinbarungen
Horizontale Vereinbarungen hingegen betreffen Unternehmen derselben Marktstufe, insbesondere Konkurrenten. Diese Art von Kartellen kann schwerwiegende Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Marktstruktur haben.
Horizontale Kartelle umfassen typischerweise:
- Preisabsprachen zwischen Konkurrenten: Konkurrenten einigen sich auf gemeinsame Preisstrategien, was dazu führen kann, dass Preise künstlich angehoben werden.
- Marktterritorien und Aufteilung: Unternehmen einigen sich darauf, bestimmte Märkte oder geografische Gebiete aufzuteilen, um Konkurrenz zu vermeiden und Marktmacht zu sichern.
- Submissionskartelle: Diese Kartelle teilen öffentlich ausgeschriebene Verträge untereinander auf, wodurch der Wettbewerb bei öffentlichen Ausschreibungen verhindert wird.
- Quotenkartelle: Bei Quotenkartellen einigen sich Unternehmen auf die Menge der produzierten Güter, um das Angebot zu knappen und Preise zu erhöhen.
- Boykottvereinbarungen: Mehrere Unternehmen schließen sich zusammen, um bestimmte Hersteller oder Marktteilnehmer zu boykottieren, was zu einer erheblichen Verzerrung des Wettbewerbs führt.
Horizontale Kartelle sind äußerst gefährlich, da sie dazu neigen, den fairen Wettbewerb auf dem Markt zu untergraben. Dies kann zu höheren Preisen, begrenzter Auswahl und geringerer Innovation führen, was letztendlich die Verbraucherinteressen beeinträchtigt. Die Bildung von Kartellen zwischen Konkurrenten steht im klaren Widerspruch zum Kartellrecht und wird entsprechend verfolgt.
Wann ist die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen erlaubt?
Das Kartellrecht regelt, wie Unternehmen miteinander interagieren dürfen, um einen fairen und wettbewerbsfähigen Markt zu gewährleisten. Grundsätzlich ist die Kooperation zwischen Unternehmen erlaubt, solange sie bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Die Regeln und Bedingungen für verschiedene Arten von Kooperationen finden sich in den Verordnungen der Europäischen Kommission, insbesondere in den sogenannten Gruppenfreistellungsverordnungen.
Bedingungen und Ausnahmen für vertikale Vereinbarungen
Vertikale Vereinbarungen, die Unternehmen auf unterschiedlichen Marktstufen betreffen, wie zum Beispiel zwischen Lieferanten und Abnehmern, können erlaubt sein, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Dabei dürfen die Vereinbarungen keine wesentlichen Aspekte wie Preise, Produktionsmengen, die Aufteilung von Absatzgebieten oder Kundengruppen betreffen. Darüber hinaus sind sogenannte “Hardcore-Kartell” -Beschränkungen, wie die Verhinderung von Querversorgung oder das Überschreiten eines Marktanteils von 30 %, nicht erlaubt.
Bedingungen und Ausnahmen für horizontale Kooperationen
Horizontale Kooperationen zwischen Unternehmen derselben Marktstufe, beispielsweise in den Bereichen Forschung und Entwicklung, können unter bestimmten Bedingungen freigestellt und erlaubt sein. Auch hier gelten Beschränkungen für Hardcore-Kartelle. Die genauen Voraussetzungen für solche Kooperationen sind in den Gruppenfreistellungsverordnungen oder im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) festgelegt.
Marktanteile und Gruppenfreistellungsverordnungen
Um eine Kooperation zu erlauben, dürfen die beteiligten Unternehmen bestimmte Marktanteile nicht überschreiten. Zum Beispiel dürfen Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung zusammenarbeiten, gemeinsam nicht mehr als 25 % des Marktanteils haben. Bei Kooperationen im Bereich von Lizenzverträgen und Spezialisierungsvereinbarungen dürfen sie gemeinsam nicht mehr als 20 % des Marktanteils erreichen. Es gibt auch Ausnahmen, wie Mittelstandskartelle, die erlaubt sind, solange sie einen Marktanteil von 10 bis 15 % nicht überschreiten und dazu dienen, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen zu verbessern.
Förderung des Allgemeinwohls und Genehmigung durch das Bundeskartellamt
Die Zusammenarbeit muss jedoch bestimmte Kriterien erfüllen, um vom Bundeskartellamt genehmigt zu werden. Sie muss gemäß § 2 GWB zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung beitragen und den technischen oder wirtschaftlichen Fortschritt fördern. Darüber hinaus müssen die Verbraucher angemessen an den entstehenden Gewinnen beteiligt werden, sei es durch Preissenkungen oder Qualitätsverbesserungen.
Praktische Tipps zur Vermeidung von Kartellrechtsverstößen
Um Kartellrechtsverstöße zu vermeiden und die Compliance in Unternehmen sicherzustellen, sind einige praktische Tipps und Vorsichtsmaßnahmen von großer Bedeutung.
Vorsicht bei Absprachen und Gesprächen mit Wettbewerbern
Unternehmen und ihre Vertreter sollten äußerst vorsichtig sein, wenn es um Gespräche und Absprachen mit Wettbewerbern geht. Sensible Themen und Informationen, die wettbewerbsrelevante Aspekte berühren, sollten vermieden oder äußerst zurückhaltend behandelt werden. Hierzu gehören:
- Informationen über geplante Preiserhöhungen.
- Rabattprogramme oder Änderungen von Vertragsbedingungen.
- Angaben zu Marktanteilen oder Marktpositionen.
- Absprachen über verlängerte Garantien oder geänderte Garantiezeiten.
Die Offenlegung solcher Informationen kann zu Kartellrechtsverstößen führen und erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Die Rolle von wettbewerbsrelevanten Daten
Wettbewerbsrelevante Daten sind von entscheidender Bedeutung und sollten mit äußerster Vorsicht behandelt werden. Unternehmen und deren Vertreter sollten sicherstellen, dass solche Daten nicht unangemessen offengelegt werden, insbesondere gegenüber Wettbewerbern. Die Preisgestaltung, Produktionsmengen und Absatzgebiete sind Beispiele für Informationen, die nicht leichtfertig geteilt werden sollten.
Die Bedeutung von Compliance-Systemen
Die Implementierung eines effektiven Compliance-Systems ist von entscheidender Bedeutung im Kontext des Kartellrechts. Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Mitarbeitende nicht nur über das Kartellrecht informiert sind, sondern auch über die spezifischen Unternehmensrichtlinien in diesem Bereich. Dies gewährleistet, dass Kartellverstöße vermieden werden, da die Mitarbeitenden ein umfassendes Verständnis für die rechtlichen und ethischen Anforderungen haben.
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Fazit
Das Kartellrecht ist von entscheidender Bedeutung, um den fairen Wettbewerb zu schützen und die Interessen der Verbraucher zu wahren. Kartelle und wettbewerbsbeschränkende Absprachen können erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. Daher ist es wichtig, die folgenden Schlüsselpunkte zu beachten:
- Kartelle sind Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen, die den Wettbewerb einschränken.
- Kartelle sind in der Regel verboten und Verstöße führen zu hohen Strafen.
- Es gibt Ausnahmen, die bestimmte Kooperationen zwischen Unternehmen erlauben, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
- Die Einhaltung des Kartellrechts ist entscheidend, um Verstöße und rechtliche Risiken zu vermeiden.