Die aktuelle Situation
Als Unternehmer haben Sie viel Zeit und Geld in das Anwerben, die Ausbildung und die Ausstattung Ihrer Mitarbeiter investiert. Nicht selten kommt es vor, dass Personal direkt am Arbeitsplatz abgeworben wird. Ein Umstand der besonders ärgerlich ist.
Vor allem in den Branchen, wo annähernde Vollbeschäftigung herrscht, steigt die Anzahl der Abwerbungsversuche durch Headhunter und ehemalige Kollegen.
Verhindern können Sie das in einer freien Marktwirtschaft leider nicht. Meistens werden zwar Abwerbeverbote unter Arbeitgebern erlassen, aber diese sind vor Gericht aufgrund §75 HGB nicht durchsetzbar. Demnach spricht nichts gegen das Active Sourcing der Konkurrenz.
Die Rechtsanwältin Doris-Maria Schuster rät jedoch dazu, sich mit den Grenzen der Rechtsprechung zu beschäftigen, um mögliche Überschreitungen aufzuzeigen. Erst dann können Sie effektiv gegen den Unternehmenswechsel Ihrer Mitarbeiter vorgehen.
Erlaubte Methoden
Wenn Headhunter Kontakt zu Ihren Mitarbeitern per Emails oder Telefon aufnehmen, können Sie wenig unternehmen.
Allerdings sollte eine Kontaktaufnahme nur wenige Minuten dauern. Dabei darf das vorliegende Angebot unterbreitet und ein Termin außerhalb der Arbeitszeit und der aktuellen Firma verabredet werden.
Grenzüberschreitungen
Bis zum 30. April 2014 konnten Konkurrenten Mitarbeiter abwerben ohne Sanktionen zu befürchten. Doch mittlerweile könnte ein solches Vorgehen unter ganz bestimmten Vorraussetzungen gerichtlich durchsetzbar werden.
Zwar haben Unternehmer keinen Anspruch auf Ihre Arbeitnehmer und können sich kaum vor der Abwerbung durch die Konkurrenz schützen.
Werden aber zum Beispiel diffamierende Äußerungen gegen den aktuellen Arbeitgeber benutzt oder gar „Kopfprämien“ für abgeworbenes Personal gezahlt, handelt es sich um Verstöße gegen die Gesetzgebung.
Auch vom Eindringen in Betriebsräume, um Kontakt zum gewünschten Mitarbeiter aufzunehmen, sollte abgesehen werden.
Fremden Unternehmen ist es zudem untersagt, das Personal zum Vertragsbruch mit dem aktuellen Arbeitgeber zu animieren, wie zum Beispiel gegen die Einhaltung der Kündigungsfrist zu plädieren.
Falls eine Abwerbung im Privatleben stattfindet, sind Ihnen leider die Hände gebunden. Dann können sich nur Ihre Mitarbeiter selbst gegen aufdringliche Headhunter wehren.
Strafen
In speziellen Fällen haben Sie als Geschädigter die Möglichkeit, ein Abwerbeverbot einzuklagen.
Gelangt der Vertragspartner an vertrauliche Informationen und kann das Unternehmen später indirekt durch das Abwerben des Schlüsselmitarbeiters übernehmen, tritt diese Situation zum Beispiel ein.
Das kann Erkenntnisse aus Joint Ventures, aber auch Informationen aufgrund einer Due-Diligence-Prüfung betreffen.
Eine Durchsetzung des Verbotes gelingt nur in Ausnahmefällen und ist auf eine zweijährige Zeitspanne begrenzt.
Bei einem Regelverstoß müssen jedoch sowohl die Mitarbeiter als auch die Abwerbenden mit Sanktionen wie Abmahnungen, Kündigungen oder gar Beschäftigungsverbot rechnen.
Außerdem können Schadensersatzleistungen gefordert werden, da sich der Konkurrent durch das Abwerben einen Wettbewerbsvorteil verschafft hat.
Suchen Sie das Gespräch
Bevor Sie Ihren Mitarbeiter zur Konkurrenz ziehen lassen, sollten Sie ein Gespräch suchen. Fragen Sie nach den Defiziten und Problemen in Ihrem Unternehmen und was den Betreffenden an der Konkurrenz reizt.
Zeigen Sie Ihrem Arbeitnehmer auch die negativen Seiten eines Wechsels auf und bringen Sie in Erfahrung, welche Veränderungen Sie als Arbeitgeber anbieten können.
Meist fühlen sich Mitarbeiter geschmeichelt und werden von Headhuntern mit neuen Herausforderungen und einem höheren Gehalt gelockt. Weisen Sie darauf hin, diese Versprechungen mit dem Unternehmensprofil abzugleichen.
Gehen Sie beim ersten Gespräch nicht auf Gehaltsverhandlungen ein! Geben Sie sich und dem Betroffenen Bedenkzeit und versprechen Sie Stillschweigen bis zum nächsten Termin zu bewahren.
Sollte der Arbeitnehmer bei einem weiteren Gespräch nicht von übertriebenen Forderungen abweichen, sollten Sie eine Kündigung riskieren. Sonst besteht die Gefahr, dass sich dies in der Belegschaft herumspricht und Sie erpressbar werden.
Auch die Kündigungsfrist sollte nicht unbedingt eingehalten werden müssen. Mit Aussicht auf eine neue Stelle wird Ihr Mitarbeiter in den letzten Wochen kaum zu Höchstleistungen motiviert sein.
Gute Arbeitsbedingungen verhindern Wechsel
Alexander Bredereck, Rechts- und Fachanwalt für Arbeitsrecht, rät vor allem dazu, entsprechende Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit Arbeitnehmer gern bleiben. Meist sind sie weniger wechselfreudig als befürchtet.
Doch vor allem Sicherheit ist ein wichtiger Faktor bei der Mitarbeiterbindung an das Unternehmen. Das zeigt auch der Gallup Engagement Index 2022.
Zur Abschreckung greifen einige Unternehmen auch zu autoritären Methoden. Sie binden Vertragsstrafen, nachverträgliche Wettbewerbsverbote oder ähnliches in den Arbeitsvertrag mit ein.
Dabei sollten allerdings die Formvorschriften beachtet werden, da Sie sonst die Grundrechte des Arbeitnehmers einschränken könnten. Zum Beispiel wenn es sich um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot handelt, dass nur gegen Zahlung von Karenzentschädigung wirksam werden kann.
Fazit
Durch gute Arbeitsbedingungen binden Sie Ihr Personal an Ihr Unternehmen und verhindern so, dass zur Konkurrenz gewechselt wird. Doch wenn Headhunter mit übersteigerten Gehaltsvorstellungen und tollen Projekten locken, kann auch der beste Mitarbeiter schwer widerstehen. Das muss nicht zwangsläufig das Versagen Ihrer Arbeitgeberqualitäten bedeuten. Allerdings sollten Sie ein Gespräch mit dem bestreffenden Mitarbeiter suchen, um einen Wechsel eventuell abzuwenden. Falls es doch dazu kommt, sollten Sie die Gesetzeslage kennen, um gegen Regelverstöße vorzugehen.