Vorbemerkungen
Zu den wichtigsten Aufgaben im Human Resources Bereich zählt neben der Rekrutierung passender Mitarbeitender der Ausbau und die Erweiterung der Fähigkeiten des vorhandenen Personals. Dies dient nicht nur dazu, die Effektivität zu erhöhen und Mitarbeitende für neue Aufgaben fit machen.
Zusätzlich wird auch ein Zeichen gesetzt: “In diesem Unternehmen werden Mitarbeitende wertgeschätzt und gefördert. Weiterbildungsmaßnahmen ziehen dadurch zum einen Bewerbende an und binden zum anderen die vorhandenen Mitarbeitenden an das Unternehmen, indem sie das Commitment erhöhen”, wie Karlheinz Schwuchow in seinem Standardwerk zur Personalentwicklung betont. [1]
Der Stand der Dinge
Die Zahl der Möglichkeiten zur effektiven Wissensvermittlung hat in den letzten Jahren massiv zugenommen und es ist eine ganze Industrie um dieses Feld herum entstanden. Den Überblick in diesem wild wuchernden Dschungel aus Angeboten und Möglichkeiten zu bewahren, fällt zunehmend schwerer.
Das klassische Seminar, welches die Präsenz aller Teilnehmenden fordert, ist zwar noch immer anzutreffen, hat jedoch in den letzten Jahren an Bedeutung eingebüßt. Die mit den neuen Medien verzahnten Methoden wiederum konnten im Weiterbildungssektor Fuß fassen und sind mittlerweile nicht mehr wegzudenken.
Dies ist einerseits auf veränderte Arbeitswelten zurückzuführen, in denen sich die geforderte Mobilität zum Teil wenig mit tagelangen Aufenthalten in Seminarräumen vereinbaren lässt. Andererseits geben neue Erkenntnisse zur effektiven Wissensvermittlung Technologien wie E-Learning und Blended Learning Rückendeckung.
Diese werden im nächsten Abschnitt kurz vorgestellt. Da der Bedarf an Weiterbildungsmöglichkeiten steigt, ist nicht zuletzt auch der finanzielle Aufwand bzw. das Kosten-Nutzen-Verhältnis ein wichtiges Kriterium bei der Methodenwahl.
Wann letztendlich jedoch auf welches Medium zurückgegriffen werden sollte, ist nicht zuletzt abhängig von der Art des zu vermittelnden Stoffes, denn nicht jede Methode eignet sich gleichermaßen. Nach einigen Hintergrundinformationen folgt eine Vor- und Gegenüberstellung verschiedener Techniken und Methoden der Weiterbildung im Unternehmen und eine daran anschließende Einschätzung ihrer jeweiligen Eignung je nach Einsatzgebiet.
Erfolgsfaktoren der Wissensvermittlung
In der Pädagogik hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Erfolg der Vermittlung von Inhalten nicht nur von der Art ihrer Präsentation oder vom Lernenden abhängig ist. Vielmehr spielt auch die dahinter stehende Methode eine wichtige Rolle, d.h., die Herangehensweise, die auch das Verhältnis zu den Lernenden berücksichtigt. Die zentralen Aspekte, mit denen sich der Wissenserwerb erfolgreicher gestalten lässt, sind folgende:
- Das Lernen wird als aktiver und konstruktiver Prozess gestaltet.
- Der Wissenserwerb lässt sich von den Lernenden selbst steuern.
- Das Wissen wird in aktiver Auseinandersetzung mit einem Problem erworben.
- Das Wissen wird in authentischen Problemsituationen erworben.
- Das erworbene Wissen wird in verschiedenen Problemsituationen angewandt.
- Das neu erworbene Wissen wird in einer sozialen Gruppe überprüft. [2]
Hier wird deutlich, dass eine aktive Auseinandersetzung seitens der Lernenden mit den Inhalten maßgeblich zu erfolgreichem Lernen beiträgt.
Methodenaufschlüsselung
Eine Unterscheidung der Methoden lässt sich anhand verschiedener Kriterien vornehmen – Einzel- vs. Gruppenlernen, Eigen- vs. Fremdgesteuert oder auch hinsichtlich der Darbietungsform. [3]
Die folgende Unterteilung folgt grob dem Verlauf eines Spektrums, dessen eines Ende die Praxis und das andere die Theorie darstellt. Während die On-the-Job-Methoden für die Vermittlung theoretischer Hintergründe eher ungeeignet sind, fehlt beim Frontalunterricht die praktische Komponente völlig. Viel eher finden sich jedoch Mischformen, wie das Seminar, in welchem beispielsweise Vortrag und Rollenspiel gemeinsam auftreten können.
Methoden On the Job und Near the job
Sowohl On-, als auch Near-the-Job-Methoden zeichnen sich durch unmittelbare bzw. mittelbare Nähe zum eigentlichen Job aus und werden innerhalb des Unternehmens durchgeführt. Da die hierbei vermittelbaren Kompetenzen in höchstem Maße unternehmensspezifisch sind und abgesehen vom Coaching keine allgemeingültige Systematisierung existiert, werden diese Methoden hier nur der Vollständigkeit genannt, aber beim Vergleich ausgeklammert.
Methoden On the Job
Mit Methoden “On the Job” werden jene bezeichnet, die sich mehr oder weniger nahtlos in die Arbeit integrieren, d.h. also, innerhalb des Unternehmens und direkt an regulären Arbeitsplätzen durchgeführt werden können. [4]
Job Rotation
Die hierbei durchgeführte “Rotation” zu verschiedenen Arbeitsplätzen im Unternehmen dient der Kompetenzerweiterung der Lernenden, um mittelfristig weitere Aufgaben übernehmen zu können. Dies schafft Planungssicherheit und ermöglicht es der Personalführung, im Krankheitsfall kurzfristig Stellen neu zu besetzen. Des Weiteren hilft die Job Rotation dabei, “Ressortdenken” abzubauen und die Perspektive der Mitarbeitenden auf einen größeren Teil des Unternehmens zu erweitern.
Zu guter Letzt führt der Zustrom “frischen Blutes” auch zu neuen Denkanstößen und Ideen. Job Rotation lässt sich bei Aufgaben mit gleichen Anforderungsniveaus einsetzen. Sie funktioniert jedoch nur, sofern genügend Mitarbeitende zur Verfügung stehen, um die Einweisungen übernehmen zu können. Dabei kann es dennoch zu einer Stockung im Arbeitsablauf kommen. [5]
Job Enlargement und Job Enrichment
Hierbei werden die Kompetenzen durch das Hinzufügen von entweder vom Anforderungsniveau her gleichwertigen (Enlargement) oder höherwertigen Tätigkeiten (Enrichment) erweitert. Damit lassen sich eigene Kernkompetenzen vertiefen bzw. die eigenen Entscheidungsspielräume erweitern. Dies führt zu einer höheren Flexibilität der Mitarbeitenden (und damit einer besseren Personaleinsatzplanung) oder ermöglicht es ihnen, sich selbst zu verwirklichen, was mit einem Motivationsschub einhergeht. [6]
Methoden Near the Job
Methoden “Near the Job” finden ebenfalls direkt im Unternehmen ihre Anwendung, jedoch mit einer räumlichen Abgrenzung vom gewohnten Arbeitsplatz, beispielsweise in Gruppenräumen. [7]
Projektgruppe
Projektgruppen dienen der Erweiterung des Arbeitshorizontes. Hierzu werden qualifizierte Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen zur Lösung bereichsübergreifender Probleme zusammengebracht, wo sie ihre individuellen Kompetenzen ausspielen können. Mit der Bewältigung des besagten Problems wird die Projektgruppe wieder aufgelöst, sie besteht also nur zeitlich begrenzt.
Qualitätszirkel
Diese dienen der Anhebung des allgemeinen Qualitätsstandards. Hierzu werden Mitarbeitende aus einer Abteilung zusammengebracht, um einerseits Qualitätsprobleme zu benennen und andererseits an deren Lösungen zu arbeiten. Auch Qualitätszirkel existieren nur für einen begrenzten Zeitraum, sind sie doch für die Bearbeitung eines akut auftretenden Problems zuständig.
Coaching
Beim Coaching werden einzelne Mitarbeitende individuell und systematisch durch einen oder mehrere professionelle Coaches betreut, mit dem Ziel, individuelle Kompetenzen auszubauen und etwaige Schwächen zu beseitigen.
Zusammenfassung
Sowohl die On-The-Job-Methoden als auch das Coaching richten sich in ihrer stark individuellen Ausrichtung an einzelne Mitarbeitende, die in bestimmten Kompetenzen geschult werden sollen. Die Effektivität ist dabei sehr hoch, das dadurch vermittelbare Wissen jedoch stark begrenzt, da es sich ausschließlich um Praxis-Aspekte handelt. Die Kosten sind überschaubar, steigen jedoch stark an, wenn größere Gruppen geschult werden sollen.
Projektgruppen und Qualitätszirkel eignen sich, um konkrete Probleme anzugehen und dabei gleichzeitig die Kompetenzen der beteiligten Mitarbeitenden in die Breite zu erweitern, in dem sie mit anderen Mitarbeitenden aus teilweise anderen Abteilungen interagieren und damit ihr Sichtfeld erweitern können. Beide Methoden eignen sich jedoch weniger, um gezielt bestimmte Fähigkeiten zu vermitteln.
3.2. Seminare und selbstgesteuertes Lernen
Im zweiten Teil folgen Methoden, die unabhängig vom Arbeitsplatz durchgeführt werden können. In der einführenden Tabelle werden diese einander gegenübergestellt und danach genauer erläutert.
Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, dient aber dazu, einen Überblick über die gängigen Methoden zu erhalten.
Für die Spalte Effektivität wurde die Anzahl der möglichen Erfolgsfaktoren addiert, die oben genannt wurden. D.h., je höher der Wert, umso mehr der für eine effektive Wissensvermittlung hilfreichen Faktoren finden bei der Methode Anwendung. Ein höherer Wert steht damit für eine potentiell höhere Effektivität.
Selbstverständlich lässt sich ein so komplexer Vorgang, wie die Vermittlung von Wissen, nicht vollständig quantifizieren – zu viele Faktoren, wie Inhalte und auch individuelle Besonderheiten, verhindern dies. Der genannte Wert dient jedoch der groben Orientierung bezüglich der Unterschiede der Methoden.
Zusammenfassung und Ausblick
In diesem ersten Teil haben wir Sie mit den Hintergründen erfolgreichen Lernens vertraut gemacht und Methoden vorgestellt, wie Wissen direkt am Arbeitsplatz vermittelt werden kann. Erfahren Sie im zweiten Teil, welche Ansätze es gibt, um Wissen in Seminaren sowie selbstgesteuert in der Freizeit zu vermitteln.
Quellen
- [1] Karlheinz Schwuchow: Personalentwicklung, 2013, S. 336
- [2] UIlrich Dittler: E-Learning: Einsatzkonzepte und Erfolgsfaktoren des Lernens mit interaktiven Medien, 2003
- [3]Manfred Becker: Personalentwicklung. Bildung, Förderung und Organisationsentwicklung in Theorie und Praxis, 2005
- [4] http://edoc.sub.uni-hamburg.de/haw/volltexte/2009/901/pdf/Weeraratne_Mallika_20090910.pdf S. 10
- [5] http://edoc.sub.uni-hamburg.de/haw/volltexte/2009/901/pdf/Weeraratne_Mallika_20090910.pdf S. 10
- [6] http://edoc.sub.uni-hamburg.de/haw/volltexte/2009/901/pdf/Weeraratne_Mallika_20090910.pdf S. 11
- [7] http://edoc.sub.uni-hamburg.de/haw/volltexte/2009/901/pdf/Weeraratne_Mallika_20090910.pdf S. 12
- [8] zusammengestellt aus Informationen aus
- Manfred Becker: Personalentwicklung, 2013
- Manfred Becker: Systematische Personalentwicklung, 2011
- Rainer Bröckermann/Michael Müller-Vorbrüggen: Handbuch Personalentwicklung, 2008
- Susanne Kraft: “Blended Learning – Ein Weg zur Integration von e-Learning und Präsenzlernen” in: REPORT – Literatur- und Forschungsreport Weiterbildung 2003: Erfahrungen mit neuen Medien. Online unter: http://www.die-bonn.de/doks/kraft0301.pdf
- Karlheinz Schwuchow: Personalentwicklung, 2013