Die Gefahr des Perfektionismus: Gesundheitliche Auswirkungen und Risiken
Oft trifft es Menschen, die ein geringes Selbstwertgefühl haben und sich aus Angst vor Ablehnung, Zurückweisung oder Versagen in Details verrennen. Bloß keine Angriffsfläche bieten, immer Bescheid wissen, stets ein bisschen besser als die anderen sein! Wenn etwas gut läuft – Glück gehabt. Wenn etwas schlecht läuft – meine Schuld! Das Streben nach permanenter Höchstleistung geht auf Kosten der eigenen Zufriedenheit und Gesundheit.
Die Folgen liegen auf der Hand: Menschen mit Perfektionszwang stehen meist unter großer psychischer und körperlicher Anspannung. Sie bekommen den Kopf nicht frei, können sich auch im Urlaub kaum entspannen, weil sich die Gedanken um die Stapel auf dem Schreibtisch drehen. Erfolge und tolle Leistungen werden als solche nicht mehr wahrgenommen, kleine Fehler umso mehr.
Schnell führt dies zu gesundheitlichen Problemen wie chronischen Erschöpfungszuständen, Kopfschmerzen und Depressionen über Schlaf- und Zwangsstörungen bis hin zu Panikattacken, Herzleiden und dem allseits gefürchteten Burnout. Gehören Sie auch schon dazu? Dann wird es Zeit, umzudenken und dass wir ein für alle Mal den Perfektionismus ablegen.
Die Entzauberung der Perfektion: Warum sie unerreichbar ist
Werden Sie sich darüber klar, dass es die Perfektion überhaupt nicht gibt. Sie ist keine vollkommene Tatsache, sondern eine subjektive Idee, die oftmals auf der eigenen Erziehung und den Erwartungen anderer beruht. Das heißt, Sie werden womöglich nie die 100% erfüllen, die andere von Ihnen erwarten.
Das heißt auch, dass Sie sich endlich einmal entspannen sollten. Wissen Sie, was Menschen am Ende Ihres Lebens am meisten bereuen? Zu sehr nach den Vorstellungen anderer gelebt zu haben, zu viel gearbeitet zu haben, zu wenig Zeit mit den Menschen verbracht zu haben, die ihnen etwas bedeuteten.
Ziehen Sie für sich selbst einmal Bilanz. Wer gewinnt und wer verliert durch Ihren Perfektionismus? Warum legen Sie sich Ihre Messlatte so hoch? Wo gibt es Möglichkeiten im Alltag, die Stellschrauben etwas lockerer zu drehen? Was wäre der worst case, wenn Sie sich einmal nicht so viel Mühe geben?
Dann gilt es, jemanden zu verabschieden, der Sie schon sehr lange zuverlässig begleitet hat: ihr schlechtes Gewissen. Werden Sie in Situationen, in denen es an Ihnen nagt, zum Pflichtverteidiger für sich selbst, nehmen Sie einen Schritt Abstand und schauen Sie von außen auf Ihre Tätigkeit.
Fragen Sie nicht ständig, wie das Projekt läuft, sondern auch, wie es Ihnen dabei geht. Der Weg aus der Perfektionsfalle beginnt im Kopf. Erst dann können Sie das Problem auch praktisch anpacken und erfolgreich Ihren Perfektionismus ablegen.
Kleine Schritte, große Wirkung: Praktische Wege zur Veränderung
Teilen Sie sich Ihre Zeit sinnvoll ein. Erledigen Sie Dinge, die nicht mehr als fünf Minuten Ihrer Zeit beanspruchen, lieber gleich. Setzen Sie sich für größere Aufgaben Etappenziele. Legen Sie sich Tätigkeiten, die Ihre volle Konzentration erfordern, in die Vormittagsstunden und einfache Arbeiten in das Nachmittagstief. Haben Sie schon einmal über die Einrichtung einer „stillen Stunde“ nachgedacht, in der Sie telefonisch nicht erreichbar sind?
Setzen Sie Prioritäten. Nach dem Pareto-Prinzip muss man für einen 80%igen Erfolg nur 20 % richtig gute Arbeit investieren. Fragen Sie sich also, welche Tätigkeiten zu Ihren 20 % gehören, und wie Sie den Aufwand und die Mühen für den Rest minimieren können. Was können Sie richtig gut? Was ist wichtig und dringlich zugleich, was kann warten? Versuchen Sie nicht, Ihre Schwächen zu verbessern, sondern betonen Sie Ihre Stärken.
Delegieren Sie Aufgaben. Das Setzen von Prioritäten ist eng verbunden mit der Fähigkeit, Aufgaben abzugeben – und damit oft auch die Kontrolle. Für Perfektionisten ist dies wohl eine der schwierigsten Herausforderungen, aber es lohnt sich! Die gewonnene Zeit und ein klarer Kopf sind der Dank. Suchen Sie Aufgaben außerhalb Ihrer 20 %, die ein anderer im Büro vielleicht sogar besser erledigen kann als Sie.
Entscheiden Sie sich. Führen Sie keine endlos langen Pro- und Contra-Listen, diskutieren Sie nicht ewig. Und akzeptieren Sie die Konsequenzen Ihrer Entscheidung. Sagen Sie auch einmal „Nein“. Fordern Sie etwas Bedenkzeit, legen Sie sich sanfte Formulierungen zurecht und freuen Sie sich über das wachsende Selbstbewusstsein, weil Ihr Gegenüber Sie trotzdem noch mag. Zum Thema eigene Grenzen setzen haben wir einen extra Artikel für Sie parat.
Gewissenhaftigkeit, Pflichtbewusstsein, Engagement und Ehrgeiz sind per se keine schlechten Eigenschaften. Sie müssen sich nicht mit dem Mittelmaß zufriedengeben. Allerdings sollten Sie auch in der Lage sein, mit Fehlern oder Unvollkommenheit zu leben und diese anderen Menschen ebenso zugestehen.
Machen Sie Ihr Selbstwertgefühl nicht davon abhängig. Wenn Sie sich denken können „Ich habe getan, was ich konnte, aber hier steht der Nutzen in keinem Verhältnis mehr zum Aufwand“, dann ist das doch schon eine ziemlich gesunde Einstellung, oder?