Laut EU-Kommission werden Unternehmen als KMU bezeichnet, wenn sie unter 250 Mitarbeiter beschäftigen sowie einen Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro und eine Bilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro aufweisen. Darüber hinaus dürfen sie nur zu einem Viertel einer Unternehmensgruppe angehören, um als unabhängig zu gelten. Das IfM differenziert noch in kleine (maximal 9 Beschäftigte und 1 Million Euro Jahresumsatz) und mittlere Unternehmen (höchstens 499 Mitarbeiter und unter 50 Millionen Euro Jahresumsatz).
Diese Betriebe stellen den statistisch definierten Teil der KMU an der Gesamtwirtschaft dar. Die Bedeutung des Mittelstandes geht jedoch über die quantitative Definition hinaus und macht ihn damit zu etwas Besonderem. Die Firmen zeichnen sich durch die Einheit von Eigentum und Leitung aus und können in den meisten Fällen als Familienbetriebe bezeichnet werden. Der Inhaber hat entscheidenden Einfluss auf alle unternehmensrelevanten Entscheidungen.
Wer jetzt nur an die alteingesessene Dorfbäckerei denkt, hat weit gefehlt. Beim deutschen Mittelstand handelt es sich neben dem traditionellen Handwerk auch um innovative Start-Ups, kreative Freiberufler und technologisch fortschrittliche Produzenten und Dienstleister. Diese sind oft regional verankert und trotzdem weit vernetzt, sie haben sich spezialisiert, die Marktführerschaft in Nischen übernommen und arbeiten äußerst bedürfnisorientiert – wahre „hidden champions“ eben.
1. Machen Sie die Personalplanung zur Chefsache
Sorgen Sie als Personalverantwortlicher mit einer auf Studien, Prognosen und Erfahrungswerten basierenden Argumentation für die nötige Achtsamkeit der Führungsebene gegenüber Personalthemen. Ziel sollte die Aufnahme eines Absatzes zur Entwicklung und Förderung der Mitarbeiter in das Unternehmensleitbild sein, denn erfolgreiches Personalmanagement benötigt ein solides finanzielles und ideelles Fundament.
Hier geht es um die Entwicklung von langfristigen, strategischen Konzepten zur Personalbeschaffung, aber auch um Marketingstrategien für die Mitarbeiter – und diese kosten Zeit und Geld. Sie können also nur dann auf lange Sicht umgesetzt werden, wenn die Geschäftsleitung, alle Führungskräfte und der Betriebsrat die Personalplanung als Teil der Unternehmensplanung sehen und entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen.
2. Setzen Sie auf eine Regionalisierungsstrategie
Gerade in ländlichen Gegenden ist der Mittelstand oft der einzige Arbeitgeber – das sollten Sie zu Ihrem Vorteil nutzen. Denn Ihr Employer Brand gewinnt durch die regionale Verankerung des Unternehmens an Qualität und Tiefe.
Sie sind der Hauptarbeitgeber der Stadt, Sie tragen zum Wohlstand und zur Bekanntheit der Region bei, Sie übernehmen Verantwortung für die Menschen, die auf dem Land geblieben sind. Formulieren Sie solche Botschaften und lassen Sie den Worten Taten folgen, beispielsweise durch lokales Sponsoring.
Bei der gezielten Ansprache von Bewerbern und langfristigen Bindung von Mitarbeitern sollten Sie außerdem weiche Faktoren, wie die Lebensqualität, günstiges Wohnen oder die gute Infrastruktur, in Ihrer Region herausstreichen. Das „Häuschen im Grünen“ und genügend Betreuungsplätze im kleinstädtischen Kindergarten zählen gegenwärtig häufig mehr als eine schnelle Karriere und die dicke Lohntüte.
3. Gehen Sie Kooperationen ein
Auf der Regionalisierungsstrategie aufbauend sind Kooperationen mit lokalen Partnern ein lohnenswerter Gedanke. Es ist verständlich, dass viele Zusatzangebote, z.B. die Kinderbetreuung oder Gesundheitsförderung, für KMU finanziell und organisatorisch schwer zu stemmen sind. Wenn Sie jedoch mit lokalen und regionalen Interessensverbänden und anderen Unternehmen kooperieren, können Sie die Herausforderung gemeinsam meistern.
Ergebnisse dieser Zusammenarbeit können dann beispielweise ein Betriebskindergarten, vergünstigte Mitgliedschaften in Sportvereinen oder gemeinsames Standortmarketing sein. Im Personalbereich bieten sich vor allem Kooperationen mit ansässigen Hochschulen oder Instituten an, sowohl zur Personalbeschaffung als auch zur Mitarbeiterentwicklung.
Prüfen Sie daher, welche Einrichtungen Sie für die Umsetzung Ihrer Maßnahmen mit ins Boot holen können, welche Ziele und jeweiligen Verantwortlichkeiten entstehen und wie es für alle Beteiligten zu einer Win-Win-Situation wird. Kooperationen fruchten vor allem dann, wenn sie Bestandteil strategischen Personalmanagements sind und nicht erst in der Not mit heißer Nadel gestrickt werden.
4. Erarbeiten Sie ein Recruitment-Konzept
Vergessen Sie bei der Talentsuche das Gießkannenprinzip und richten Sie Ihr Recruiting zielgruppengenau aus. Welche Argumente hinterlassen bei den verschiedenen Bewerbergruppen den Eindruck, Sie seien ein attraktiver Arbeitgeber? Employer Branding, also die Etablierung einer Arbeitgebermarke, wird auch für KMU immer wichtiger im „War of Talents“.
Schauen Sie auch über den Tellerrand hinaus. Welche Ansprüche und Bedürfnisse von Frauen, Familienvätern, älteren Experten, ausländischen Fachkräften, Auszubildenden etc. an eine Stelle könnten Sie erfüllen? Sind Ihre K.O.-Kriterien zu streng, geben Sie Quereinsteigern und Bewerbern mit Lücken im Lebenslauf auch eine Chance?
In Verbindung mit einem attraktiven Gesamtpaket haben Sie die Möglichkeit, durch gezielte Ansprache „verborgene“ Talente für sich zu gewinnen, während die offensichtlichen High Potentials dem Ruf des großen Geldes in die Konzerne folgen. Schöpfen Sie Ihre Kandidatenressourcen besser aus!
Analysieren Sie darüber hinaus die Abläufe in Ihrem Recruitingprozess. Dies betrifft Aspekte der Informationsrecherche und Jobsuche, die Abgabemöglichkeiten für Bewerbungen, das Auswahlverfahren und die Ergebniskommunikation. Wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten? Wie können Sie die sogenannte Candidate Experience Ihrer Bewerber positiv beeinflussen?
Für die jüngere Generation ist beispielsweise die digitale und mobile Jobsuche mittlerweile üblich. Von wachsender Bedeutung sind zudem Empfehlungen von Familie, Bekannten und auch Unternehmenszugehörigen. Achten Sie auf unkomplizierte Abgabemöglichkeiten, halten Sie Reaktionszeiten kurz und holen Sie vor allem Feedback von Ihren Bewerbern ein.
5. Etablieren Sie mitarbeiterorientiertes Personalmanagement
Die überschaubare Größe Ihres mittelständischen Unternehmens fordert und begünstigt gleichermaßen, dass Sie Ihr Personalmanagement nicht nur auf die wirtschaftlichen Belange der Firma beziehen, sondern vor allem auf die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter. Sie werden aus Kosten- und Aufwandsgründen nicht alle möglichen Personalmaßnahmen umsetzen können und müssen sich auf die wichtigsten konzentrieren. Und wer weiß besser, was das Personal braucht, als das Personal selbst?
Mit der Etablierung einer offenen Gesprächskultur, bei der alle Mitarbeiter urteilsfrei zu Wort kommen können, schaffen Sie eine Vertrauensbasis und erzielen die stärkere Identifikation des Personals mit der Firma – ein Zugewinn für Ihre Arbeitsgebermarke.
Führen Sie daher regelmäßige Mitarbeitergespräche, starten Sie Umfragen, sammeln Sie Verbesserungsvorschläge und prämieren Sie gute Ideen. So erfahren Sie mehr über langfristige Karrierepläne und aktuelle Befindlichkeiten. Erst dann können Sie auf Basis der gesammelten Daten Förder- und Entwicklungsprogramme erarbeiten und wissen, welche Personalmaßnahmen wirklich wichtig für Ihr Unternehmen sind.
Nutzen Sie für die Personalbeschaffung die authentische Empfehlungskraft Ihrer Belegschaft. Ein Finanzdienstleister hat z.B. die Aktion „Mitarbeiter sucht Azubi“ ins Leben gerufen. Unternehmensangehörige können der Personalabteilung neue Auszubildende aus ihrem Bekanntenkreis empfehlen. Wenn diese es in die zweite Vorstellungsrunde oder gar zum Arbeitsvertrag schaffen, erhalten beide eine Prämie.
6. Bilden Sie Fach- und Führungskräfte selbst aus
Wenn Sie regelmäßig Top-Kandidaten an große Konkurrenten verlieren, hilft nicht nur der in Punkt 4 bereits angesprochene Perspektivwechsel, sondern auch die eigene Ausbildung. Schließlich wollen Sie doch eigentlich die „Right Potentials“ finden und nicht nur die objektiv betrachteten „High Potentials“. Investieren Sie daher verstärkt in Aus- und Weiterbildungsprogramme für Fach- und Führungskräfte.
In diesem Zusammenhang wird auch noch einmal die wachsende Bedeutung von aktiver Zusammenarbeit mit Fachhochschulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen sowie ein ausgeprägtes Hochschulmarketing deutlich.
Mit der Beschäftigung von Praktikanten und Werkstudenten können Sie sich den Nachwuchs zielgerichtet selbst heranziehen. Vergeben Sie Abschlussarbeitsthemen, zeigen Sie Präsenz auf Absolventenmessen und stellen Sie Experten für Praxisseminare in den Hochschulen zur Verfügung.
Quellen
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Bundesverband Mittelständische Wirtschaft
Geldermann, Brigitte (2011): Kompetenzmanagement im Mittelstand: Personalprozesse strategisch ausrichten. Bielefeld: W. Bertelsmann.
Moog, Petra / Witt, Peter (Hrsg., 2013): Mittelständische Unternehmen. Wiesbaden: Springer Gabler.