Was verbirgt sich hinter dem Kartellrecht?
Ein Kartell besteht zwischen mindestens zwei Unternehmen, die voneinander unabhängig sind. Wenn diese sich zusammenschließen und gemeinsam Absprachen treffen, die ihre Konkurrenten einschränken, handelt es sich um ein Kartell. Diese sind in Deutschland laut dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verboten.
Diese Absprachen können sich auf ganz unterschiedliche Bereiche beziehen. Je nach Art der Absprache werden verschiedene Arten von Kartellen unterschieden:
- Bei einem Produktionskartell sprechen Unternehmen konkrete Produktions- und Angebotsmengen ab, sodass keine Überkapazitäten entstehen.
- Handelt es sich um ein Exportkartell, beziehen sich die Absprachen der Unternehmen ausschließlich auf die unternehmerischen Tätigkeiten im Ausland.
- Wenn Unternehmen ein Marktgebiet unter sich aufteilen und vereinbaren, dass außerhalb dieses Gebietes keine Kunden beliefert werden dürfen, spricht man von einem Gebietskartell.
Aber warum gibt es ein solches Gesetz eigentlich? Ziel des Kartellverbots ist es, den Wettbewerb zu schützen. Es wird deshalb auch häufig als Grundgesetz der Marktwirtschaft bezeichnet. Nur wenn es einen Markt frei von Absprachen zwischen Unternehmen gibt, kann ein freier und fairer Wettbewerb gewährleistet werden.
Das Gesetz zielt ebenfalls darauf, die Verbraucher zu schützen. Kartelle führen nämlich oft zu höheren Preisen bei einer niedrigeren Qualität des Produktes. Außerdem soll das Kartellrecht dafür sorgen, dass Unternehmen innovativ arbeiten und sich weiterentwickeln müssen, um auf dem Markt mithalten zu können.
Eine weitere Form des Kartells ist das Preiskartell. Dies liegt vor, wenn Unternehmen ihre Preise absprechen und ist ebenfalls laut GWB verboten. Man unterscheidet drei verschiedene Arten von Preisabsprachen:
- Das Festpreiskartell ist die wohl bekannteste Form einer illegalen Absprache. Hier wird ein konkreter Preis besprochen, den die Unternehmen verlangen.
- Beim Mindestpreiskartell hingegen legen Unternehmen einen Preis fest, der nicht unterschritten werden soll.
- Eine dritte Form der Preisabsprachen ist das sogenannte Submissionskartell. In diesem Fall sprechen sich Unternehmen bei einer öffentlichen Ausschreibung über ihre Preise ab.
Kartellverbote gelten für alle Firmen
Wenn es um Kartelle geht, dann denkt die Mehrheit an große Konzerne und international agierende Unternehmen. Und natürlich werden auf dieser Ebene auch häufig illegale Absprachen getroffen. Doch diese Gesetzesverstöße finden auch in deutlich kleineren Unternehmen statt, die sich darüber möglicherweise nicht einmal im Klaren sind.
Es spielt im Kartellrecht jedoch keine Rolle, wie groß oder klein ein Unternehmen ist. Jedes Unternehmen muss sich an das Kartellrecht halten und wird bei dessen Missachtung hart bestraft.
Insbesondere Preisabsprachen sind nicht nur Vereinbarungen zwischen großen Firmen. Sobald Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, Informationen über ihre Preise austauschen, kann bereits eine illegale Preisabsprache vorliegen. Die Größe der Unternehmen spielt dabei keine Rolle. Das heißt z.B. konkret: Auch zwei Kneipenbesitzer in einem kleinen Dorf dürfen sich nicht über den Preis ihres Bieres absprechen.
Wann verstößt ein Unternehmen gegen das Kartellrecht?
Die Grenze zwischen Legalität und Illegalität in Sachen Kartellrecht zu erkennen, ist nicht immer einfach, denn oft ist dies nur ein schmaler Grad. Das zeigt auch folgendes Beispiel:
Zwei Vertriebler sitzen bei einem gemeinsamen Feierabendbier zusammen. Vertriebler A teilt Vertriebler B mit: „Wir wollen unsere Preise im nächsten Quartal um 5 % anheben“. Vertriebler B nimmt dies zur Kenntnis und antwortet: „Ja, das haben wir ebenfalls geplant.“ Im nächsten Quartal hebt jedoch keiner von beiden seine Preise tatsächlich an.
Nichts dabei, denken Sie? Falsch! Beide haben sich strafbar gemacht, indem Sie Informationen über ihren Preistrend ausgetauscht haben. Und zwar auch dann, wenn Sie ihre Absprachen nicht in die Tat umgesetzt haben. In diesem Fall liegt deshalb ein Festpreiskartell vor, wodurch die Unternehmen gegen das Kartellrecht verstoßen.
Bereits die reine Absprache ist strafbar – auch, wenn die Vereinbarungen nicht umgesetzt werden!
Ein Unternehmen kann auf verschiedene Weisen gegen das Kartellrecht verstoßen. Hierzu unterscheidet man zwischen horizontalen und vertikalen Verbindungen:
- Horizontale Verbindungen nennt man Verbindungen zwischen Wettbewerbern. Es ist verboten, dass Unternehmen sich z.B. über Preise, die Aufteilung eines Marktes oder Vertragsbedingungen absprechen. Unternehmen verstoßen auch gegen das Kartellrecht, wenn sie einen Boykott vereinbaren.
- Mit vertikalen Verbindungen hingegen sind Absprachen zwischen Unternehmen gemeint, die auf verschiedenen Ebenen der Produktions- und Vertriebskette tätig sind (z.B. Hersteller und Großhändler). In diesem Bereich ist es z.B. verboten, Wiederverkaufspreise oder Preisuntergrenzen für Produkte festzulegen.
Absprachen sind jedoch nicht grundsätzlich verboten. In § 2 des GWB werden mögliche Gründe für eine Freistellung vom Kartellverbot genannt: die Warenerzeugung wird durch den Zusammenschluss oder durch technischen Fortschritt verbessert. In diesen Fällen muss jedoch der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn angemessen beteiligt werden.
Wenn die ausgetauschten Informationen einen Vorteil für den Kunden anstreben, dann ist ein Austausch von Informationen ebenfalls durchaus legitim. Als Faustregel gilt deshalb: In der Regel handelt es sich nicht um eine kartellrechtswidrige Wettbewerbsbeschränkung, wenn der Verbraucher am Ende günstigere oder sicherere Produkte erhält.
Doch wann genau handeln Sie illegal und wann nicht? Die folgende Tabelle zeigt Ihnen konkret, wann Sie sich strafbar machen und welche Handlungen laut Kartellrecht nicht verboten und somit vollkommen legitim sind:
Verboten | Erlaubt |
Preisabsprachen jeglicher Art | Beobachtung des Marktes |
Bloßer Austausch von sensiblen Informationen auch ohne Absprache | Kooperation zwischen Wettbewerbern |
Gezielte Veröffentlichung oder Sammlung von Informationen zur Koordination zur Koordination von Absprachen |
Für Sie als Unternehmen lohnt es, sich an die Regeln des Kartellrechts zu halten. Ganz nach dem Motto: Handle so, wie du auch von deinen Mitmenschen behandelt werden möchtest.
Angenommen zwei Ihrer Konkurrenzunternehmen würden sich untereinander über ihre Preise absprechen, dann würden Ihnen dadurch erhebliche Nachteile entstehen. Ein fairer Wettbewerb wäre nicht mehr gewährleistet.
Leisten Sie deshalb Ihren Beitrag zu einem freien Markt und treffen Sie keine illegalen Absprachen mit anderen Unternehmen.
Bei Verstößen drohen extrem hohe Bußgelder
Das Bundeskartellamt kümmert sich um die Einhaltung des Kartellrechts. Es herrscht ein sehr hoher Verfolgungsdruck, unter dem Preisabsprachen aufgedeckt werden sollen. Wird ein Kartell aufgedeckt, haben es besonders die Bußgelder in sich: sie können bis zu 10 % des Jahresumsatzes ausmachen.
Das Besondere: In Deutschland können neben Unternehmen auch einzelne Personen bestraft werden. Gegen sie können Bußgelder von bis zu einer 1 Million Euro, Haftstrafen oder arbeitsrechtliche Konsequenzen verhängt werden, wenn sie an Preisabsprachen im Unternehmen beteiligt waren.
Im Jahr 2021 hat das Bundeskartellamt in insgesamt 19 Verfahren Bußgelder in Höhe von 105 Millionen Euro verhängt. Zum Vergleich: Im Jahr 2014 waren es über eine Milliarde Euro in 9 Verfahren.
Geldstrafen sind erst der Anfang
Bei illegalen Absprachen, die gegen das Kartellverbot verstoßen, müssen Unternehmen außerdem mit Schadensersatzforderungen rechnen. Andere Unternehmen können Schadensersatz fordern, wenn Ihnen durch das Kartell ein finanzieller Schaden entstanden ist. Und diese Forderungen fallen oft sehr hoch aus.
So fordert der Insolvenzverwalter des Schlecker-Konzerns Schadensersatz in Höhe von rund 212 Millionen Euro vom sogenannten “Drogeriekartell”. Die beklagten Hersteller von Drogerieartikeln sollen sich illegalerweise untereinander abgesprochen haben um höhere Bruttopreise zu erreichen.
Gegen das sogenannte “LKW-Kartell” laufen sogar rund 400 Schadensersatzklagen in erster und zweiter Instanz. Unter anderem klagt das Joint-Venture “Transatlantis” auf 62 Millionen Euro Schadensersatz. Im “LKW-Kartell” sollen sich die Fahrzeughersteller Daimler, Scania, MAN, Iveco, Volvo und Renault jahrelang bei Preisen abgesprochen haben.
Und damit nicht genug: Mit einer illegalen Preisabsprache gehen auch Image- und Wertverluste einher, die sich langfristig auf den Unternehmenserfolg auswirken. Denn wenn bei Ihnen ein Kartell aufgedeckt wird, rückt dies Ihr Unternehmen in ein schlechtes Licht. Und es kann eine ganze Weile dauern, bis Sie die negativen Schlagzeilen wieder aus den Köpfen der Kunden bekommen. Diese langfristigen Folgen sollten Sie auf keinen Fall unterschätzen.
Was müssen Unternehmen tun, wenn sie gegen das Kartellrecht verstoßen haben?
Wenn Sie einen Verstoß im Unternehmen bemerken, müssen Sie einen Anwalt beauftragen, der sich im Kartellrecht auskennt. Dieser kann sowohl ein interner, als auch ein externer Rechtsbeistand sein. Der Anwalt kümmert sich dann um die Aufklärung des Falls.
Sobald Sie den Verstoß gegen das Kartellrecht identifiziert haben, sollten Sie das Vergehen selbst bei der Behörde melden und als Kronzeuge agieren. Dies hat entscheidende Vorteile für Sie, wenn Sie den Kronzeugenantrag als erstes beteiligtes Unternehmen stellen. Als Gegenleistung für die Mithilfe an der Aufklärung des Verstoßes bleiben Sie nämlich von einem Bußgeld verschont.
Generell sollten Sie eine schnelle Aufklärung forcieren und sich kooperativ zeigen. Dies gilt auch im Falle eines Dawn Raids, also einer Untersuchung durch das Bundeskartellamt. Hier ist das richtige Verhalten besonders wichtig. Zeigen Sie sich den Beamten gegenüber stets höflich und kooperativ.
Prävention: Lassen Sie es gar nicht erst zu einem Verstoß kommen!
Einzig und allein ein erfolgreiches Compliance System kann dafür sorgen, dass Verstöße gegen das Kartellrecht in Ihrem Unternehmen aufgedeckt und vermieden werden. Dies empfiehlt übrigens auch das Bundeskartellamt. Beachten Sie aber, dass das bloße Vorhandensein eines Compliance Systems keinen Schutz vor Strafen bietet. Die Umsetzung ist ein entscheidender Faktor, der dazu dient, das Risiko zu minimieren, gegen das Kartellverbot zu verstoßen.
Damit Sie für einen Verstoß sensibilisiert werden, benötigen Sie fundiertes Wissen im Bereich des Kartellrechts. Es ist wichtig, dass Sie mit den gesetzlichen Regelungen des GWB vertraut sind. Nur so können Sie einem Verstoß gezielt vorbeugen. Wie in allen Compliance-Bereichen müssen Sie und Ihre Mitarbeiter sich dafür fast ausschließlich mit Gesetzestexten auseinandersetzen.
Wie sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter gegen Kartellrechtsverstöße?
Um sich die nötigen Informationen über das Kartellrecht anzueignen, gibt es ganz verschiedene Möglichkeiten. Dabei eröffnen sich verschiedene Chancen, aber auch einige Nachteile, welche es abzuwägen gilt.
Sie können sich fundiertes Wissen rund ums Kartellrecht z.B. durch Fachbücher besorgen. Bei dieser Methode ist man jedoch vollkommen auf sich allein gestellt, sodass man sich die ziemlich trockene Materie mühsam im Alleingang erarbeiten muss. Bücher sind daher eher geeignet, um gezielt Informationen nachzuschlagen, wenn Sie bereits über Basiswissen verfügen.
Auch Seminare bieten Ihnen die Möglichkeit, sich im Bereich des Kartellrechts weiterzubilden. Im Gegensatz zum Lernen mit Büchern stehen Sie hier in direktem Kontakt zu einem Dozenten und anderen Seminarteilnehmern. Hierbei sollten Sie jedoch bedenken, dass bei einem solchen Büffelthema die Vorteile von Präsenzveranstaltungen begrenzt sind. Interaktion und Anwesenheit der Teilnehmer haben kaum Auswirkungen auf den Lernerfolg, da es sich hierbei größtenteils um Faktenwissen handelt.
Mit E-Learning zum Erfolg
E-Learning ist besonders für Compliance-Schulungen hervorragend geeignet. Ihre Mitarbeiter können selbst entscheiden, wann und wo Sie lernen möchten. Sie sind an keine festen Zeiten oder Orte für Schulungen gebunden. Dies fördert die Motivation und infolgedessen auch den Lernerfolg Ihrer Mitarbeiter.
Ein weiterer Vorteil von E-Learning: Die Kapazitäten sind unbegrenzt. Es spielt keine Rolle, wie viele Mitarbeiter an einem Kurs teilnehmen. Jeder Teilnehmer lernt die gleichen Inhalte und die Qualität des Kurses ist unabhängig von der Gruppengröße oder der Laune des Dozenten.
Bei solch einem trockenen Thema eignet sich insbesondere videobasiertes E-Learning, um sich die zahlreichen Fakten anzueignen. Videos gestalten das Thema durch die Kombination von Bild und Ton deutlich spannender. Zudem können sich die Teilnehmer die Inhalte besser merken, weil ihnen die Fakten auch visuell vermittelt werden.
Compliance-Schulung mit Lecturio
Lecturio bietet Ihnen umfassende Compliance-Schulungen von hoher Qualität. In einem Videokurs, der sich speziell mit Kartellen beschäftigt, werden Sie ausführlich über alle wichtigen Fakten informiert. Die vielen Informationen werden Ihnen durch das Videoformat sowie durch anschauliche Grafiken kompakt vermittelt. Sie werden außerdem mit den wichtigsten gesetzlichen Regelungen vertraut gemacht und wenden diese an konkreten Beispielen an.
Durch interaktive Quizfragen können Sie Ihr Wissen direkt überprüfen und mögliche Schwächen aufdecken. Diese Themen können Sie sich dann gezielt noch einmal im Video ansehen und Ihre Schwachstellen aufarbeiten. Das Quiz dient jedoch nicht nur den Mitarbeitern als Lernkontrolle. Es kann außerdem als Nachweis für das Unternehmen fungieren, um den Lernfortschritt der Mitarbeiter im Blick zu behalten.
Zusätzlich stehen Ihnen bei Lecturio zahlreiche Materialien zum Download zur Verfügung, mit denen Sie Ihr erworbenes Wissen vertiefen können.
Quellen
- Kartell via Bundeszentrale für politische Bildung
- Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen via Gesetze im Internet
- Kartellverbot via Bundeskartellamt
- Kartellrecht-Überblick via Wettbewerbszentrale
- Was sind Preisabsprachen und welche Auswege gibt es für Unternehmer? via Impulse
- Das Drogeriekartell – und der Schadensersatz für den Einzelhändler via Rechtslupe
- Schadenersatz wegen Lkw-Kartell: Prozesse schreiten voran via Eurotrasport