Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
So steht es in § 3 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Doch gerade im Arbeitszeitbereich gibt es noch mehr Ausnahmen und tariflich geregelte Abweichungen als bei vielen anderen Gesetzen.
Wenn kein spezieller Tarifvertrag greift und die gesetzlich festgelegte Obergrenze von acht Stunden auf Weisung des Arbeitgebers überschritten wird, so muss dieser binnen der folgenden sechs Monate einen (Freizeit-)Ausgleich ermöglichen. Diesen Weg darf der Chef dann einschlagen, wenn laut Arbeitsvertrag der Arbeitgeber Überstunden grundsätzlich anweisen darf. Das Problem an der Sache ist die sogenannte Treuepflicht. Diese besagt, ein Arbeitnehmer habe Überstunden zu leisten, wenn keine anderen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.
Viel Potenzial für Rechtsstreitigkeiten
In Zusammenhang mit Überstunden spielt vor allem die Anweisungspflicht eine zentrale Rolle. Als Anweisung gilt z. B. auch ein fester Abgabetermin, der den Arbeitnehmer dazu zwingt, länger zu arbeiten. Im Streitfall ist das natürlich schwierig zu belegen. Dann ist der Arbeitnehmer in der Beweispflicht und er muss belegen, dass der Vorgesetzte die Überstunden angeordnet oder zumindest geduldet hat.
All diejenigen, die in ihrem Arbeitsvertrag den Satz gefunden haben, durch das Arbeitsentgelt sei etwaige Mehrarbeit abgegolten, müssen ihre Hoffnung auf einen Ausgleich noch nicht begraben. Aus einigen Gerichtsurteilen geht hervor, dass genau diese Klausel für unwirksam erachtet wurde, da der Arbeitnehmer seinen Stundenlohn nicht ausrechnen und nicht absehen könne, welche Arbeitsbelastung auf ihn zukäme. So ist diese Bestimmung nur wirksam, wenn sie sich auf einen begrenzten Zeitraum oder ein definiertes Pensum bezieht.
Rechnen sich Überstunden unterm Strich?
Diese Frage ist pauschal schwer zu beantworten, denn jede Erhöhung des Bruttolohnes kann eine andere steuerliche Einstufung zur Folge haben. Lässt ein Arbeitnehmer sich kontinuierlich seine Überstunden auszahlen, fährt er mit dieser Variante vielleicht sogar besser, weil das monatliche Bruttogehalt nicht so stark ansteigt, als wenn er sich vierteljährlich seine Überstunden vergüten lässt und sicherlich einem höheren Lohnsteuerprozentsatz in diesem Monat unterliegt.
Grundsätzlich werden Überstunden mit dem vertraglich geregelten Stundenlohn honoriert – genau wie die vertraglich geregelte Arbeitszeit. Eine Ausnahme gibt es bei den Auszubildenden, denn die können einen höher veranschlagten Überstundensatz verlangen, falls die Überstunden nicht mit Freizeit abgegolten werden.
Tipp: Regelmäßig geleistete Überstunden können sich beispielsweise auch im Krankheitsfall positiv auf dem Lohnzettel bemerkbar machen, weil sie den Anspruch nach Entgeltfortzahlung entsprechend erhöhen.
Pech haben im Überstundendschungel im Übrigen leitende Arbeitnehmer. Hier geht die Rechtsprechung davon aus, dass sie mit der Übernahme der Leitungsfunktion auch die damit einhergehenden Überstunden in Kauf nehmen bzw. das Gehalt derart dimensioniert ist und Mehrarbeit wirklich damit abgegolten ist.
Darauf sollten Arbeitnehmer achten
Um etwaige Streitigkeiten gleich im Keim zu ersticken und Transparenz für beide Seiten zu schaffen, sollten Arbeitnehmer auf folgende Punkte achten.
- Bis zu 10 % der vertraglich geregelten Arbeitszeit können als Überstunden tituliert und mit dem vereinbarten Arbeitsentgelt abgegolten werden. Das gilt dann, wenn dies deutlich im Arbeitsvertrag geschrieben steht. Damit wissen beide Seiten, worauf sie sich einlassen. Ein Beispiel: „15 Überstunden pro Monat sind mit dem Gehalt abgegolten.“
- Derjenige, der etwas fordert, ist in der Beweispflicht. Wenn ein Arbeitnehmer also eine Überstundenbezahlung einfordert, muss er nachweisen, dass er die Mehrarbeit geleistet hat und die Leistung der Überstunden durch den Chef gefordert wurde. Unabhängig davon, ob ein Arbeitnehmer im Clinch mit seinem Chef liegt oder nicht, tut er gut daran, seine Arbeitszeiten immer zu notieren, Arbeitseinsatz in Stoßzeiten zu belegen und Anweisungen mit Projekt-Deadlines akribisch zu dokumentieren.
- Gibt es eine offizielle Zeiterfassung, ist zwar die individuelle Dokumentation der Arbeitszeit nicht nötig, jedoch muss die Anordnung der Überstunden seitens des Arbeitgebers nachgewiesen werden können. Rechtlich am besten abgesichert sind die, deren Arbeitgeber die Aufzeichnungen zur Mehrarbeit gegenzeichnet; das tun allerdings in der Praxis die Wenigsten.
- Die Verjährungsfristen, in denen ein Überstundenausgleich eingefordert werden kann, sind knapp. Das heißt, Ansprüche sollten schnell geltend gemacht werden.
Besserverdiener (d. h. Arbeitnehmer mit einem Monatsgehalt von mehr als 5.800 Euro in West- und mehr als 4.900 Euro in Ostdeutschland) sowie Mitarbeiter der Führungsriege gehen beim Streit um Überstunden in der Regel leer aus. Gewinner sind in diesem Fall die Geringverdiener.