Verunsicherung durch gesetzliche Grauzone
Ein einfacher Blumenstrauß, Karten für ein Fußballspiel, eine Reise in die Karibik – ab wann werden Geschenke von Geschäftspartner*innen zu einem Problem?
Es gibt aus gesetzlicher Sicht keine klare Grenze, wann aus einer kleinen Aufmerksamkeit ein Versuch zur Bestechung wird. Daraus entsteht Verunsicherung bei Arbeitnehmenden, wann sie diese Grenze überschreiten: Ist etwa schon eine Schachtel Pralinen bedenklich?
Das Bundeslagebild 2022 des Bundeskriminalamtes zeigt, dass neben Geld vor allem Sachzuwendungen und sonstige monetäre Vorteile, also Darlehen oder Rabatte, die häufigsten Vorteilsarten sind, die Mitarbeitende von Geschäftspartner*innen entgegennehmen. Vorteilsarten bedeuten in diesem Zusammenhang, dass Mitarbeitende Geschenke oder Privilegien von Geschäftspartner*innen erhalten.
Die verschiedenen Vorteilsarten, die Geschäftspartner*innen gewähren, sind dabei unterschiedlich leicht als Bestechungsversuch erkennbar. Bei einer Geldzahlung ist die Sache in vielen Fällen ziemlich eindeutig: Jemand möchte Sie mit Geld bestechen.
Oftmals ist die Zahlung von Geld im wirtschaftlichen Rahmen jedoch auch legitim, zum Beispiel wenn man Geld an ein gemeinnütziges Unternehmen spendet. Auch in diesem vermeintlich eindeutigen Bestechungsversuch müssen also Unterschiede gemacht werden.
Bei einem Geschenk oder einer Einladung zu einem Abendessen ist die Sache ebenfalls nicht immer klar, da diese Zuwendungen unterschiedlich hoch ausfallen können.
Offensichtlich ist für betroffenen Mitarbeitende nur schwer möglich, die Trennlinie zwischen einer netten Geste des Geschäftspartners und dem Versuch zur Beeinflussung zu definieren.
Laut BKA Bundeslagebild 2022 (Korruption) sind die am häufigsten registrierten Arten von Zuwendungen Bargeld, Bewirtung und Sachzuwendungen.
Welche gesetzlichen Regelungen müssen Unternehmen beachten?
Es gibt keine gesetzliche Richtlinie für den Grenzfall, in der geregelt ist, wo die Trennlinie zwischen einer netten Aufmerksamkeit und dem Versuch der Bestechung oder des Betrugs verläuft.
So kann beispielsweise eine Einladung zu einem Fußballspiel vollkommen unproblematisch sein, wenn es keinen Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit gibt. Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn aufgrund dessen ein Auftrag abgeschlossen wird.
Die gesellschaftliche bzw. die berufliche Rolle ist wichtig, wenn es darum geht, ob Geschenke angenommen werden dürfen oder nicht. Amtstragende wie Richter*innen, Beamte, Notar*innen und Dienstkräfte der öffentlichen Verwaltung dürfen laut § 331 ff. StGB überhaupt keine Zuwendungen annehmen.
Da kein gesetzlicher Schwellenwert für Zuwendungen an Richter*innen oder Beamte existiert, sollte hier besondere Vorsicht gelten. Selbst eine gut gemeinte Einladung zum Kaffee könnte so problematisch werden. In der Regel ist es daher ratsam Zuwendungen an Amtstragende komplett zu unterlassen.
Andere Berufsgruppen hingegen haben etwas mehr Spielraum, wenn es um Zuwendungen geht. Sie dürfen aber trotzdem keine Vorteile aufgrund eines Geschenkes gewähren.
Man spricht dann von einer Vorteilsgewährung, wenn der Vorteilsempfänger eine Leistung erhält, auf die er keinen rechtlichen Anspruch hat und seine wirtschaftliche Lage dadurch objektiv verbessert wird.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Auftrag nur deshalb an ein Unternehmen vergeben wird, weil es zuvor Geschenke oder andere Zuwendungen verteilt hat. Die genauen Regelungen sind häufig im Arbeitsvertrag oder in speziellen Leitfäden des Unternehmens festgehalten.
Unternehmen können zum Beispiel sportliche oder kulturelle Veranstaltungen, Personen oder Projekte unterstützen. Man spricht hierbei von Sponsoring. Dies kann durch Geld, Sachmittel oder Know-How geschehen und wird von Unternehmen meist genutzt, um die mediale Aufmerksamkeit für sich zu nutzen.
Beim Sponsoring müssen Unternehmen einige Regeln beachten. So darf die Vergabe von Aufträgen nicht an Sponsoringverträge gebunden sein.
Zuwendungen und Sponsoring sind dann unbedenklich, wenn sie folgende Merkmale aufweisen:
- Transparenz, Angemessenheit und Sozialadäquanz
- Führen nicht zu einer Beeinflussung von Entscheidungen
- Erfolgen nicht an Amtstragende
- Entsprechen den Unternehmensregeln
- Werden ordnungsgemäß versteuert
Konsequenzen bei der Verteilung und Annahme von erlaubten Zuwendungen
Die Konsequenzen, die Mitarbeitenden und Unternehmen drohen, wenn sie Zuwendungen unerlaubt annehmen oder verteilen, sind vielfältig. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn diese Handlungen gegen das Korruptionsgesetz verstoßen. Dann drohen harte Strafen für korrupte Unternehmen und deren Mitarbeitende.
Mögliche Konsequenzen, wenn Mitarbeitende Zuwendungen annehmen
Aus arbeitsrechtlicher Sicht droht Mitarbeitenden die fristlose Kündigung, wenn Sie bestechlich sind oder Geschäftspartner*innen bestochen haben.
Eine Kündigung aufgrund von Bestechlichkeit wirkt sich möglicherweise negativ auf die weitere berufliche Karriere aus. Wer möchte schon eine Mitarbeiterin beschäftigen, die sich bestechen lässt?
Zudem müssen Unternehmen mit Geldstrafen rechnen, wenn Mitarbeitende sich nicht an die Gesetze halten. Das bedeutet: Wenn Ihr Mitarbeiter sich rechtswidrig verhält, muss unter Umständen das ganze Unternehmen die Folgen dafür tragen.
Mögliche Strafrechtliche Konsequenzen, wenn Unternehmen Zuwendungen verteilen
Das Gesetz gegen internationale Bestechung (IntBestG) sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder eine Geldstrafe vor, wenn Mitglieder eines Gesetzgebungsorgans eines ausländischen Staates oder Mitglieder einer parlamentarischen Versammlung einer internationalen Organisation bestochen werden.
Bei der Bestechung von Amtstragenden droht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren. Schon der Versuch zur Bestechung ist verboten und wird strafrechtlich verfolgt.
Doch nicht nur die strafrechtlichen Konsequenzen spielen hier eine Rolle. Der Vorwurf der Korruption wirft ein schlechtes Licht auf Unternehmen – das Image leidet. Verstärkt wird dieser Aspekt durch die negative Berichterstattung der Medien.
Dadurch sinkt auch das Vertrauen der Kundschaft, welches über einen langen Zeitraum aufgebaut wurde.
Wie lassen sich unerlaubte Zuwendungen verhindern?
Ein funktionierendes und gelebtes Compliance-System ist das wichtigste Instrument zur Prävention. Ihre Mitarbeitenden müssen die gesetzlichen und unternehmensinternen Regelungen kennen und für das Problem der Zuwendungen sensibilisiert werden.
Sie müssen erreichen, dass Ihre Mitarbeitenden sich bei jeglicher Form von Zuwendungen fragen: Darf ich dieses Geschenk annehmen oder verstoße ich damit gegen das Gesetz oder die Unternehmensregeln?
Leitlinien helfen Unsicherheiten im Umgang mit Zuwendungen abzubauen
Jedes Unternehmen sollte in einem Leitfaden möglichst konkret festlegen, welche Zuwendungen die Arbeitnehmenden annehmen dürfen und welche nicht. Dabei kann es helfen, wenn Sie konkrete Obergrenzen nennen. Der Leitfaden muss in jedem Fall deutlich machen, wann die erlaubte Kontaktpflege zu Geschäftspartner*innen zur Vorteilsnahme oder Bestechung wird.
Der Verband der TÜV e.V. beispielsweise hat einen solchen Leitfaden mit konkreten Compliance-Richtlinien für seine Mitarbeitenden erstellt. Dort ist klar festgelegt, welche Zuwendungen die Mitarbeiter annehmen dürfen: Geschenke dürfen einen Wert von 40 € nicht überschreiten, finanzielle Zuwendungen hingegen dürfen gar nicht angenommen werden.
Außerdem beinhaltet der Leitfaden detaillierte Regelungen für Einladungen zu Geschäftsessen oder Veranstaltungen.
Transparenz um Missverständnissen aus dem Weg zu gehen
Ein weiterer Schritt, um unerlaubte Zuwendungen zu vermeiden, ist die Offenlegung ebendieser. Sie als Unternehmen müssen für Transparenz sorgen. Nur so können Sie Unsicherheiten beseitigen und infolgedessen auch Misstrauen umgehen, das zu Imagebelastungen führen kann.
Insbesondere Pharmaunternehmen bemühen sich in letzter Zeit darum, ihre Zuwendungen aufzudecken. Deshalb haben sich 55 große Pharmaunternehmen zum Verein “Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie e.V.” zusammengeschlossen.
Ein Verhaltenskodex soll dafür sorgen, dass Ärzte und Patientenorganisationen nicht auf illegale Art und Weise beeinflusst werden. Jede Missachtung dieser Verhaltensregeln wird öffentlich gemacht und sanktioniert.
Aufgabenrotation gegen alte Gewohnheiten
Wenn Gebende und Nehmende eine langjährige Geschäftsbeziehung haben, kann sich diese ungewollt in falsche Richtungen entwickeln. Aufgabenrotation kann dabei helfen, dass Geschäftspartner*innen nicht über Jahre hinweg zusammenarbeiten und zu möglichen korrupten Handlungen verleitet werden.
Wie können Mitarbeitende geschult werden?
Zuwendungen sind ein sensibles Thema. Ihre Mitarbeitenden müssen deshalb umfassend geschult werden, damit ihnen die Unsicherheit genommen werden kann.
Sie brauchen Transparenz sowie Anhaltspunkte, welche Zuwendungen legal sind und welche nicht. Außerdem müssen Sie Ihre Mitarbeitenden dahingehend schulen, ein Geschenk im Zweifelsfall lieber abzulehnen, wenn Unsicherheiten bestehen.
Auf diese Weise können Sie verhindern, dass Zuwendungen künftig zum Problem in Ihrem Unternehmen werden.
Schulungen müssen Ihren Mitarbeitenden das notwendige Fachwissen vermitteln und Klarheit schaffen. Um dies zu erreichen, haben Sie vor allem drei Möglichkeiten:
- Sie schicken Ihre Mitarbeitenden zu externen Schulungen.
- Sie halten In-House Schulungen ab – mit oder ohne externem Dienstleister.
- Sie etablieren E-Learning Lösungen für Compliance-Schulungen. Entweder als reine E-Learning Lösung oder als Blended Learning Konzept kombiniert mit In-House Schulungen.
In externen Seminaren übernehmen Compliance-Experten die Schulung der Mitarbeitenden. Interne Schulungen hingegen können zum Beispiel vom Compliance-Manager des Unternehmens geleitet werden.
Bei solchen Präsenzveranstaltungen müssen Sie bedenken, dass sie einen hohen Kosten- und Organisationsaufwand erfordern. Insbesondere bei Unternehmen mit mehreren Standorten ist es schwierig, möglichst viele Mitarbeitende für eine Schulung zur gleichen Zeit an einem Ort zu versammeln.
E-Learning als Compliance-Instrument
Über E-Learning können Ihre Mitarbeiter flexibel und selbstständig lernen. So sind sie an keine festen Schulungszeiten oder -orte gebunden und lernen zu einem von ihnen gewählten Zeitpunkt. Gerade für mittelständische Unternehmen stellen Online-Kurse oftmals eine finanziell günstigere Alternative zu Präsenzveranstaltungen dar.
Video-Kurse sind dabei eine attraktive Lernmethode, um Wissen gezielt abzurufen zu können. Durch die Kombination von Bild und Ton werden verschiedene Sinne angesprochen.
Dazu sind die Kurse in Kapitel unterteilt, um schnell relevante Stellen finden zu können. Darüber hinaus kann durch Kontrollfragen überprüft werden, inwieweit der vermittelte Stoff von den Mitarbeitenden angenommen worden ist.
Firmen können auf diese Weise gerade bei einem so wichtigen Thema wie Compliance sichergehen, ihren Belehrungspflichten nachgekommen zu sein.
Compliance-Schulungen mit Lecturio
Lecturio bietet Compliance Schulungen mit hochqualitativen und praxisnahen Online-Video-Trainings. Sie erhalten Ihre eigene Online-Akademie und können Ihre Mitarbeitenden und Führungskräfte schnell und kosteneffizient in alle relevanten Compliance- und Sicherheitsregeln einweisen.
Für weniger als 10 € pro Mitarbeiter*in pro Jahr können Sie sich und Ihr Unternehmen enthaften und vor Compliance-Schäden bewahren.
Quellen
- Bundeslagebild Korruption 2022 via Bundeskriminalamt
- Internationales Bestechungsgesetz via Gesetze im Internet
- Sponsoring via Gabler Wirtschaftslexikon
- Was dürfen Arbeitnehmer annehmen? via N-TV
- Kleine Geschenke, große Gefahr via Süddeutsche
- Welche Geschenke Arbeitnehmer annehmen dürfen via Anwaltauskunft
- Korruption als arbeitsrechtliches Problem via Wirtschaftsrecht News