Was ist Change Management?
Aber über was reden wir hier eigentlich? Für den Begriff Change Management gibt es mindestens so viele Definitionen, wie für den Begriff Management. Eine ganzheitliche und zeitgleich auch sehr präzise Definition liefert Norbert Thom, der Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre und Vizerektor der Universität Bern:
„Das Konzept des Change Managements umfasst alle geplanten, gesteuerten und kontrollierten Veränderungen in den Strukturen, Prozessen und (sofern dies möglich ist) in den Kulturen sozio-ökonomischer Systeme. Ein differenziertes Veränderungsmanagement beschäftigt sich u.a. mit Fragen der Organisation, des Personalmanagements, der Unternehmensführung sowie der Kommunikation und Information.“ (vgl.: Thom, Norbert Zaugg, Robert J., Haupt: Kernkompetenzen durch Wissens- und Motivationsmanagement, in: Excellence durch Personal- und Organisationskompetenz, Bern/Stuttgart 2001.)
Oder kurzum vereinfacht: Der Wandel ist Alltag, permanente Veränderungen sind Normalität. Veränderungsprojekte in Unternehmen lassen sich grundsätzlich auf zwei Triebkräfte zurückführen:
Externe Triebkräfte | Interne Triebkräfte |
Wandel des Arbeitsmarktes | Restrukturierung |
Wandel der Technologie | Wandel der Unternehmens- strategie |
Ökonomische Krisen | Kostensenkungsprogramm |
Wettbewerb | Mergers & Acquisitions |
Weltpolitik | IT-Innovationen |
Triebkräfte hin oder her: Personalmanager dürfen sich nicht nur, sondern müssen sich fragen: Was verändert sich exakt? Und: Wann genau müssen sich die Mitarbeiter auf eine Veränderung einstellen?
Bei der Beantwortung dieser Frage hilft Dietmar Vahs. Der Direktor für Change Management und Innovation an der Hochschule Esslingen erklärt die unterschiedlichen Ausmaße eines Veränderungsprojekts. Denn unabhängig von den Triebfedern der Veränderung (intern/extern), kann jede Veränderung ein unterschiedliches Ausmaß annehmen:
Personalmanager im 21. Jahrhundert müssen diesen Unterschied kennen. Mehr noch: Sie müssen in der Lage sein, die Interessen von HR in jedem Veränderungsprozess sowohl zum Wohle der Organisation als auch zum Wohle der Mitarbeiter durchzusetzen. Bei dieser Mammutaufgabe hilft eine Abgrenzung in Veränderungsprojekte erster und zweiter Ordnung:
Wandel 1. Ordnung | Wandel 2. Ordnung |
Wandel in einer oder wenigen Dimensionen, Komponenten, Aspekten | Mehrdimensionaler Wandel, zahlreiche Komponenten, Aspekte eingeschlossen |
Eine oder wenige Ebenen betroffen | Alle Ebenen betroffen |
Eine oder zwei Verhaltensaspekte | Alle Verhaltensaspekte |
Quantitativer Wandel | Qualitativer Wandel |
Wandel des Inhalts | Wandel des Kontexts |
Kontinuierlich, Verbesserung in bisherige Richtung | Diskontinuierlich, Veränderung in neue Richtung |
Inkrementale Veränderungen | Revolutionäre Sprünge |
Logisch, rational | Scheinbar irrational, basieren auf anderer abweichender Logik |
Verändert nicht dominante Weltsicht, Paradigma | Führt zu neuer Weltsicht, Paradigma |
Innerhalb vorhandenem Zustand des Seins | Führt zu neuem Zustand des Seins |
Was heißt das nun für jeden Personalmanager? Der Begriff Change Management ist multikomplex. Um im Dschungel der verflochtenen Theoriedefinitionen nicht unterzugehen, sollte jeder Praktiker die Triebfeder eines Veränderungsprojektes lokalisieren können. Personalmanager sollten dabei in der Lage sein, die Angst der Mitarbeiter einordnen zu können und dabei wissen, ob es sich um einen radical oder gradual Change handelt.
Wer dieses Wissen verinnerlicht, wird ungleich besser verstehen können, welche Phasen ein Veränderungsprojekt durchläuft und welche Auswirkungen dies auf die Arbeit kompetenter HR-Manager hat.
Die drei Phasen eines Veränderungsprojektes
Veränderungen fordern nicht nur Führungskräfte und Personalmanager heraus. Wandel stellt vor allem die Mitarbeiter vor gewaltige Herausforderungen. Denn sie sind es, die den Change erst umsetzen und dann auch langfristig ausführen müssen. Das kann nur mit professioneller Führung erfolgreich gelingen.
Damit die Personalführung in Veränderungsprojekten gelingt, müssen HR-Verantwortliche jede Phase eines Veränderungsprojektes kennen und bei der täglichen Arbeit den Hauptfokus auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter legen. Aber von welchen Phasen sprechen wir hier eigentlich? Und wie sind diese in einem Veränderungsprojekt zu erkennen? In der Theorie teilt sich ein Change Projekt in drei Hauptphasen:
Phase 1: Die Auflösung
In der ersten Phase stehen Analyse und Kommunikation im Vordergrund. Dabei sind die Kernfragen: Was für Probleme und Potenziale kann man identifizieren? Welche Ursachen haben die Probleme? Was für Lösungsansätze gibt es? Und: wie gestaltet man die Veränderung auf Basis der am besten geeigneten Lösung?
Es geht im Wesentlichen um die Erkennung des Veränderungsbedarfs, die Sammlung von Veränderungsideen sowie deren Auswahl, Ausarbeitung und Bekanntmachung sowie schließlich einer finalen Veränderungsvision und der Zuweisung von Zuständigkeiten.
Phase 2: Veränderung
Hier wird angepackt! Es geht in die eigentliche Veränderungsphase, also die Umsetzung des Planes. Ziel ist es, die Veränderungsvision so zu kommunizieren, dass sich die Mitarbeiter für den Wandel begeistern. Das Projekt wird umso erfolgreicher, je mehr Mitarbeiter den Wandel aktiv mitgestalten.
Mitarbeiter sollen nicht nur in ein Projekt involviert werden – Mitarbeiter sollen begeistert werden. Und, wie so häufig, fängt auch die Begeisterung bei der richtigen Bildung an. Durch Weiterbildung sollen die Mitarbeiter dazu befähigt werden, Veränderungen selbst zu bewirken. Sie sollen fachlich und sozial in der Lage sein, die Veränderung (und damit ihre persönliche Herausforderung) zu bewältigen.
Phase 3: Stabilisierung
Lassen Sie den Anker fallen! Jede Veränderung muss erst einmal durch die gesamte Organisation durchsickern. Denn wirklich erfolgreich wird sie erst, wenn sie in allen Strukturen wirklich verankert ist. Dazu ist es wichtig, die neuen Vorgehensweisen und Strukturen (mit allen Beteiligten) in Feedbackrunden kritisch zu betrachten, zu evaluieren und den Erfolg zu messen. Wahre Power entwickeln Change-Projekte dann, wenn sie aus sich selbst heraus in der Lage sind, Nachbesserungen zu erlauben.
Veränderer, die etwas bewegen wollen fragen sich daher: Wo finden sich noch Umsetzungs- oder Ausführungsprobleme? Gibt es Optimierungsmöglichkeiten? Wo müssen Veränderungen noch gefestigt werden? Kurzum: Erst mit den nötigen Anpassungen wird ein Veränderungsprozess auch nachhaltig erfolgreich sein.
Die drei Phasen der Veränderung müssen im Dreiklang spielen
Wandel erfolgt in Unternehmen also immer im Dreischritt Auflösung – Veränderung – Stabilisierung. Soll das Veränderungsprojekt jedoch auch harmonisch erfolgreich sein, ist es wichtig, dass die drei Kräfte aus engagierten Führungskräften, Personalmanagern und Mitarbeitern im Dreiklang spielen. Nur so hat Veränderung auch eine valide Erfolgschance.
Die Begeisterung und Motivation der Mitarbeiter verhalten sich im Bezug zu den Involvierten so, wie in einer pyramidenförmigen Ansammlung von Dominosteinen, die etwas versetzt zueinander aufgestellt sind. Werden die ersten Steine begeistert und motiviert und somit in Bewegung gesetzt, fallen überproportional mehr Steine. Mit jeder Reihe ist der Erfolg größer und veranlasst die Nächsten, sich der Bewegung anzuschließen, d. h. dem Veränderungsprozess. Sind alle Steine gefallen, ist der Erfolg evident: Es gibt kein Zurück mehr und die Veränderung ist nachhaltig erfolgreich.
Zwei Felder bestimmen die Veränderung
Auf des Nachbars Feld steht das Korn besser.
Was westfälische Bauern in eine Weisheit gossen, gilt auch bei Veränderungsprojekten. Doch der Schein trügt. Das Nachbarfeld mag zwar besser bestellt sein, aber die angebauten Lebensmittel bleiben doch verschieden. Deshalb ist es nicht nur wichtig die Jahreszeiten zu kennen, sondern zu wissen, welches Korn denn gerade blüht. Jeder Changer sollte daher nicht nur die Phasen einer Veränderung erkennen können, sondern ebenso die Felder einer Veränderung.
Wer Felder bestellt, sollte zunächst den Boden betrachten. Wandel erfolgt im Grundsätzlichen nach zwei Dimensionen, der inneren und äußeren:
- Bei der Äußeren Dimension beschreibt ein Change die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Veränderung.
- Bei der Inneren Dimension geht es im Wesentlichen um die Fähigkeit und die Bereitschaft eines Unternehmens, sich auf ein Veränderungsprojekt einzulassen.
Daraus leiten sich fünf verschiedene Arten von Veränderung ab (Vgl. Heitger & Dujak, 2002):
Die 5 Arten der Veränderung
- Krisen: Wenn Krisen Grundlage für eine Veränderung sind, dann geht es immer um das Ganze. Das Überleben eines Bereiches oder eines ganzen Unternehmens steht auf dem Spiel. Die Notwendigkeit für eine Veränderung ist zwangsläufig.
- Mobilisierung: Es gibt Zeiten, in denen Unternehmen und ihre Mitarbeiter mobilisiert werden müssen. Neue Strategien und Konzepte müssen top-down umgesetzt werden. Veränderung ist also eine Frage von Umsetzung, von Mobilmachung von Mitarbeitern.
- Neu-Ausrichtung: Im der Managementlektüre ist die Neu-Ausrichtung der klassische Turn-Around. Der Turn-Around ist die ultima ratio und soll mit Hilfe einer gesamten, strategischen Neupositionierung dabei helfen, das Unternehmen überleben zu lassen.
- Erneuerung: Erneuerungen sind ein ebenso klassisches Feld für Veränderungsprojekte. Wenn sich der Markt verändert, müssen Unternehmen reagieren. In gesunden Unternehmen geschieht dies in einem organischen und ständigen Prozess. Gute Change-Projekte helfen dabei, Erneuerungen schneller und effizienter im Unternehmen zu etablieren.
- Lernen: Der Bedarf an lernenden Organisationen ist ungebrochen und nimmt weiter zu. Qualifizierung von Mitarbeitern ist und bleibt die Top-Agenda jedes kompetenten Personalmanagers. Und auch hier gilt: Eine Organisation (und ihre Mitarbeiter) zu befähigen, ist eines des klassischen Anwendungsfelder für Veränderungsprojekte.
In diesem Beitrag haben Sie erfahren, was HR-Management ist und aus welchen Phasen ein Veränderungsprojekt besteht. Erfahren Sie als nächstes mehr zur Rolle der HR: Strategisches HR-Management in Veränderungsprojekten.