Wertschätzung formulieren: Wer und was?
Bevor Sie einen Mitarbeitenden loben, fragen Sie sich:
- Bin ich mir sicher, dass der Arbeitnehmer tatsächlich diese Leistung erbracht hat, die ich positiv hervorheben will?
- Kann der Mitarbeiter das Lob überhaupt annehmen oder bin ich im Begriff, etwas zu betonen, was er als selbstverständlichen Teil seiner Aufgabe begreift?
- Bin ich die richtige Führungsperson oder müsste jemand anderes diese Anerkennung aussprechen?
Dass niemand für den Teil der Aufgabe gelobt werden möchte, die er nicht geleistet hat, bedarf keiner weiteren Erklärung. Die zweite Frage Ihrer Selbstüberprüfung soll Ihnen helfen, zu klären, ob der Beschäftigte durch ein Lob in dieser Sache nicht viel mehr das Gefühl bekommt, veräppelt zu werden:
Die Ausbilderin wird es zu Recht merkwürdig finden, wenn Sie ihr bescheinigen, dass sie gut darin ist, junge Fachkräfte auszubilden; der Einkäufer wundert sich sicherlich, wenn Sie ihm sagen, er habe genau rechtzeitig die passenden Teile nachbestellt – konkretisieren Sie, und benennen sie ganz spezifisch, was Ihnen gefallen hat. Wer Selbstverständlichkeiten honoriert, wirkt unglaubwürdig und vermittelt im schlimmsten Fall totale Unkenntnis über die Aufgaben, Kompetenzen und Leistungen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wenn Sie in der Hierarchie sehr weit über demjenigen stehen, den Sie bestärken möchten, kann das ebenfalls unglaubwürdig wirken. Sind Sie die Führungskraft, mit der der Angestellte tagtäglich zu tun hat, kann Anerkennung auch für kleinere Verdienste glaubwürdig vermittelt werden. Wenn Sie vom Tagesgeschäft der Mitarbeiterin so weit entfernt sind, dass Ihnen normalerweise nur ganz besonders gute (oder schlechte) Leistungen ihrerseits zu Ohren kommen, loben Sie auch nur diese außergewöhnlichen Dinge. Ermutigen Sie jedoch die direkten Vorgesetzten der Beschäftigten dazu, auch alltäglichere Aspekte wertschätzend zu würdigen.
Ihre Wertschätzung kommt nicht an?
Überprüfen Sie zunächst sich selbst: Haben Sie zwar die Absicht, mehr Anerkennung auszudrücken, realisieren es aber im Arbeitsalltag nur sporadisch? Machen Sie sich bewusst, wen Sie wann wirklich gelobt haben.
Eine gute Möglichkeit kann es sein, sich Notizen dazu anzulegen. So vergessen Sie auch Niemanden.
Fragen Sie doch mal Ihre Belegschaft, wie sie sich den Umgang wünscht. Manche Menschen freuen sich über ein Schulterklopfen nebst „Gute Arbeit!“ zwischen Tür und Angel – andere können Ihnen das Lob vielleicht nur abkaufen, wenn Sie sie extra einbestellen und sich detailliert über das äußern können, was Ihnen genau gefallen hat.
Wertschätzung formulieren – 5 anwendbare Tipps
Tipp 1: Konkret formulieren
Sie sprechen nicht nur das Lob aus, sondern stellen dezidiert dar, was Ihnen gefallen hat. Am Ende sollten Sie einer ehrlich empfundenen, persönlichen Emotion Ausdruck geben:
„Frau Mayer, mir ist aufgefallen, dass Sie immer ans Telefon gehen, egal, wie stressig es gerade zugeht. Sie lassen die Anspannung im Büro jedoch niemanden spüren – das finde ich sehr beeindruckend. Es gelingt Ihnen in den Telefonaten ausnahmslos, freundlich, geduldig und ruhig zu bleiben. Danke für dieses hohe Maß an Professionalität, darüber freue ich mich sehr!“
Tipp 2: Zeit schenken
Wann haben sie zuletzt die Gelegenheit gehabt, in Ruhe mit Herrn Müller zu sprechen? Laden Sie ihn doch ein, mit Ihnen in der Kantine zu essen – oder am Nachmittag auf der Bank draußen einen Kaffee zu trinken. Sie widmen diesem Arbeitnehmer damit Ihre Zeit und ungeteilte Aufmerksamkeit. Das wird allgemein bereits als Geste der Wertschätzung und des Interesses verstanden. Hören Sie zu, was er Ihnen zu sagen hat.
Tipp 3: Kleine Aufmerksamkeiten
Sei es die freundliche Karte auf dem Schreibtisch der Mitarbeiterin, die nach einer Krankheitsphase zurückkommt, das Post-it, auf dem „Danke, dass Sie die Unterlagen für mich gestern noch fertig gemacht haben – gute Arbeit!“ steht oder das belegte Brötchen für den Mitarbeiter, der heute keine Gelegenheit hatte, in die Mittagspause zu gehen: Mit materiellen Kleinigkeiten zeigen Sie Zugewandtheit, Aufmerksamkeit und aufrichtiges Interesse.
Tipp 4: Auch mal mit Hand anlegen
Seien Sie sich nicht zu schade, Ihre Angestellten bei praktischen Aufgaben zu unterstützen. Helfen Sie mit, den Tisch umzustellen oder die neuen Milchpackungen in die Kaffeeküche zu bringen. Kleine Gesten dieser Art tun Ihrem Status keinen Abbruch, zeigen aber, dass Sie sich nicht für „etwas Besseres“ halten und Ihre Mitarbeitenden zunächst als Person und erst in zweiter Linie als Arbeitskraft begreifen.
Tipp 5: Keine Standardbehandlung
Wertschätzung drückt sich auch dadurch aus, dass Sie Ihr Gegenüber als Individuum wahrnehmen, und auf die Unterschiedlichkeit zwischen den einzelnen Personen eingehen. Das lässt sich häufig einfacher realisieren, als Sie glauben.
Ein Beispiel: Variierende Grüße. Löschen Sie Ihre übliche, oft in der Signatur integrierte Grußformel unter der nächsten Mail und finden Sie persönlichere Worte.