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Entwicklungsstörungen

Definition Entwicklungsstörungen

Entwicklungsstörungen Kinder mit minimalen Hirnfunktionsstörungen - solche Schäden treten etwa bei jedem 20. Kind auf - fallen sowohl in der Familie als auch in der Schule auf. Nicht selten werden die leistungsschwachen und verhaltensgestörten Schüler voreilig als dumm, faul oder frech abqualifiziert. Die schädigenden Einflüsse, die zu diesen Entwicklungsstörungen geführt haben, können während der Schwangerschaft, unter der Geburt und im frühen Kindesalter eingetreten sein.

Neben erblich bedingten Störungen - den Erbkrankheiten im engeren Sinne - kommen folgende Ursachen in Betracht: Infektionen, Vergiftungen (auch durch Nikotin, Alkohol oder Rauschgift), hormonale Störungen, Mangel-, Fehl- oder Unterernährung, psychische Belastungen der Schwangeren, Blutgruppenunverträglichkeit und Gebärmutterblutungen in der Frühschwangerschaft. Während des Geburtsvorgangs sind Schädigungen infolge schwerer Geburt, durch Sauerstoffmangel (Nabelschnurumschlingung, Eindringen von Fruchtwasser in die Atemwege, Atemstillstand), Blutung in das Hirngewebe und Störungen der Rückenmarkflüssigkeit möglich. Im frühen Kindesalter ist an folgende Ursachen zu denken: Infektionen (Gehirnentzündung, Hirnhautentzündung), Schädel-Hirn-Verletzungen, degenerative Hirnprozesse und psychosoziale Belastungen.

Kinder mit Hirnschäden bzw. Hirnfunktionsstörungen zeigen häufig folgende Symptome: Neigung zu ständiger Unruhe, erhöhte Ablenkbarkeit, gestörte Konzentration, Tendenz zu Affekten, stark ausgeprägte instinktgebundene Verhaltensweisen, hochgradige Eigenwilligkeit, erhöhte Wetterfühligkeit, häufige Wiederholungen bestimmter einförmiger Handlungen, Neigung zu Selbstbeschädigung, Tendenz zu seelischer Einengung auf sich selbst, stark ausgeprägtes rhythmisch-musikalisches Empfinden.

In der Schule fallen diese Kinder durch unruhiges Verhalten mit ruckartigen Bewegungen, unkontrollierbarem Grimassieren und einer »grässlichen« Handschrift auf und können den Unterricht erheblich stören. Die Intelligenz kann normal oder auch entwicklungsverzögert sein. Häufig treten nur Teilleistungsstörungen auf: gestörte Sprache, Störung der feinen und groben Bewegungsabläufe, Störungen der Empfindung der Raumlage und andere. Die häufigste Teilleistungsstörung ist die Legasthenie (Lese- und Rechtschreibschwäche).

Die Behandlung muss vom Hausarzt in Zusammenarbeit mit einem Verhaltenstherapeuten eingeleitet werden. Es gilt, die Eltern aufzuklären, dass ihr auffälliges Kind unter einer Behinderung leidet und nicht bloß unruhig und widersetzlich ist. Die Eltern sollen lernen, den Verhaltensstörungen ihres Kindes richtig zu begegnen. Auch die Lehrer des Kindes sind einzuschalten. Gruppengymnastik, Sport und eine gezielte Beschäftigungstherapie können hier viel Positives leisten; unter Umständen müssen auch Medikamente verordnet werden. Falsches Verhalten von Eltern, Geschwistern, Schulkameraden und Lehrern kann dazu führen, dass sich das unsichere Kind vollkommen in sich selbst zurückzieht; es entwickelt Ängste. Zwangsneurosen, Ich-Störungen, ja, bisweilen sogar schwere Depressionen, die lebenslang fortwirken können. Solche gravierenden Auswirkungen der im Grunde nur geringfügigen Hirnfunktionsstörungen müssen unter allen Umständen vermieden werden.