Herzchirurgie Medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Erkennung von chirurgischen Erkrankungen, Verletzungen und Fehlbildungen des Herzens, der herznahen Gefäße, des Mittelfells (Mediastinum) und der Lunge sowie deren operativer Behandlung, Vorsorge und Nachsorge befasst. Die Epoche der Operationen am schlagenden Herzen begann, als 1896 die erste erfolgreiche Naht einer Stichwunde der rechten Herzkammer beim Menschen gelang. Doch erst nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte der große Aufschwung der Herzchirurgie, was auf folgende Neuerungen zurückzuführen war: Intubationsnarkose und künstlicher Winterschlaf (Hibernation), Bluttransfusionswesen, Herzkatheterisierung und Herz-Lungen-Maschine.
Zuerst führte man herznahe Gefäßoperationen und später Operationen am geschlossenen Herzen durch, bei denen sich der Operateur im Dunkeln ohne Kontrolle durch das Auge von einem kleinen Schnitt aus mit einem Finger an die verengte Herzklappe herantasten und die Verwachsungen sprengen musste. Für diesen Eingriff standen höchstens 3 Minuten zur Verfügung. da der Blutstrom nicht länger unterbrochen werden darf. Längere und kompliziertere Operationen am offenen Herzen wurden erst möglich. als es mit Hilfe der Herz-Lungen-Maschine gelang, das blutleere Herz aus dem Kreislauf auszuschalten und einen Blutkreislauf außerhalb des Körpers in Gang zu halten.
Heute werden Herzoperationen in jedem Lebensalter durchgeführt. Anlass hierzu geben teils angeborene Herz- und Gefäßmissbildungen, teils im Lauf des Lebens erworbene Herzfehler. In den ersten 5 Lebensjahren werden lindernde Operationen allerdings nur dann vorgenommen, wenn erhebliche Atemnot und Leistungsminderung dazu zwingen. Totalkorrekturen kommen erst später in Betracht, wobei der nähere Zeitpunkt von der Art des Herzfehlers und dem Zustand des Patienten abhängt.
Neben dem Einsetzen von Herzwandprothesen und Gefäßwandstützen aus Kunststoffen haben vor allem die letzten Errungenschaften der Herzchirurgie viel von sich reden gemacht: Herzklappenersatz, Herztransplantation und Einpflanzung eines Kunstherzens. Einen immer größeren Raum innerhalb der Herzchirurgie nimmt die Koronarchirurgie - die Chirurgie der arteriosklerotischen Herzkranzgefäße (Koronargefäße) und ihrer Folgezustände (Angina pectoris, Herzinfarkt) - ein. Diesen Eingriffen geht eine Koronarografie voraus: Dabei wird ein Katheter in eine Arm- oder Beinarterie eingeführt und bis in ein Herzkranzgefäß vorgeschoben. Durch diesen Katheter spritzt der Arzt unter ständiger Röntgenkontrolle ein Kontrastmittel zur umfassenden Darstellung der Herzkranzgefäße ein (Angiokardiografie). Zur Behebung der Durchblutungsstörungen des Herzens bieten sich folgende Verfahren an:
1. mechanische oder pneumatische Ausräumung des Gefäßverschlusses;
2. Umgehungsoperation (Bypass): Dabei wird ein Stück der Beinvene so zwischen Aorta und Herzkranzgefäß eingepflanzt, dass der kranke Teil der Koronararterie überbrückt wird.
3. Eine oder zwei Arterien werden von der Brustwand gelöst und direkt in den Herzmuskel eingepflanzt; sie bilden dort bald ein neues Adergeflecht mit Anschlüssen an den Koronarkreislauf.
Alle diese Operationen, die auch kombiniert vorgenommen werden können, werden von den Patienten relativ gut vertragen, verbessern die Herzdurchblutung deutlich und verlängern das Leben der Kranken.
Als Alternative zur Bypass-Operation hat sich die Aufweitung verengter Koronargefäße mit Hilfe steuerbarer Ballonkatheter (perkutane transluminale Koronarangioplastie) bewährt: Mit Hilfe eines Führungskatheters wird der Ballonkatheter in das verengte Herzkranzgefäß eingeführt. Anschließend wird die Lichtung des verengten Gefäßes dadurch aufgedehnt, dass man den Ballon für etwa 40-50 Sekunden mit einer kontrastmittelhaltigen Lösung füllt. Das alles geschieht unter Röntgenkontrolle. Die Erfolgsquote dieses Verfahrens ist sehr hoch; allerdings muss bei nicht wenigen Patienten die Ballondilatation nach 3-6 Monaten wiederholt werden.