Lexikon

Magersucht

Definition Magersucht

auch bekannt als: Anorexia nervosa

Magersucht Seelisch bedingtes Leiden, das vor allem junge Frauen zwischen dem 14. und 20. Lebensjahr betrifft. Die Magersucht scheint eine Modekrankheit zu sein, die heute zwei- bis dreimal so häufig wie in den Sechzigerjahren vorkommt und in Anfangssymptomen sogar schon bei 5-jährigen Mädchen beobachtet wird, die Angst haben, zu dick zu werden. In Deutschland geht man von mehr als 100 000 betroffenen Mädchen und Frauen aus. Durch strikte Nahrungsverweigerung, Missbrauch von Abführmitteln und Appetitzüglern sowie heimliches Erbrechen erzwingen diese eine Abmagerung bis zum von Haut überspannten Skelett! Die Auszehrung pendelt sich entweder auf einem unteren Niveau ein oder schreitet in 10–15 Prozent der Fälle bis zum tödlichen Ende fort. Erstaunlicherweise sind die Erkrankten trotz ihres desolaten körperlichen Zustandes bei klarem Bewusstsein und körperlich aktiv, lassen jedoch jegliche Krankheitseinsicht vermissen.

Frühsymptome sind das Ausbleiben der Monatsblutung (Amenorrhö) und eine Verstopfung, die jedoch verschwindet, sobald der Abführmittelmissbrauch einsetzt: Manche Mädchen nehmen täglich 20–40 Abführtabletten ein, wodurch es zu einer starken Verarmung des Organismus an Kalium, einer so genannten Hypokaliämie kommt. Außerdem führt die Magersucht zu einem Mangel an Kalzium (Hypokalzämie), der wiederum ein erhebliches Risiko mit sich bringt, an Osteoporose (Knochenschwund) zu erkranken.

Die Ursachen der Magersucht sind unbekannt. Sicher ist, dass keine hormonelle Störung dahinter steckt. Oft handelt es sich bei den Erkrankten um ansonsten unauffällige Kinder und Jugendliche mit guter Intelligenz, bei denen man häufig folgende Basiskonflikte finden kann: unbewusste Abwehr der Sexualität in der Pubertät; frühkindlich gestörte Beziehung zur Mutter; allgemeine Unzufriedenheit sowie perfektionistische Tendenzen. Die Zwillingsforschung hat ergeben, dass auch eine vererbte Veranlagung anzunehmen ist. Die Magersucht neigt dazu, chronisch zu werden. Besteht sie über 5 Jahre, sind die Heilungsaussichten ungünstig. Andererseits kommen – in etwa 30 Prozent der Fälle – auch spontane Heilungen vor. In Bezug auf die Prognose sind folgende Zeichen als ungünstig zu werten: Erkrankungsbeginn nach dem 18. Lebensjahr; langer Krankheitsverlauf ohne gezielte Behandlung; Heißhungerattacken mit anschließendem selbst herbei geführtem Erbrechen; Abführmittel- und Appetitzüglermissbrauch; häufige Abbrüche der Behandlung; starke Tendenz zur Krankheitsverleugnung.

Einzig Erfolg versprechend ist eine Psychotherapie in Einzel-, Gruppen- oder Familiensitzungen. Wichtig ist es, die Erkrankten in ihrem Streben nach Selbstständigkeit zu unterstützen, was in erster Linie Ablösung von den Eltern und Findung außerfamiliärer Partnerbeziehungen bedeutet. Daneben ist auf ausreichende körperliche Betätigung zu achten, damit sich keine Osteoporose entwickelt. Bei hochgradiger Auszehrung ist eine Sondenernährung und Infusionsbehandlung auf einer Intensivstation erforderlich.

Abbildungen

  • Magersucht1_512px-Anorexia_case_1900.jpg

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