Epilepsie Unter Epilepsie - der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet »Fallsucht« - fasst man alle Krankheiten zusammen, bei denen es zu gehirnbedingten, anfallartigen Krämpfen oder Zuständen mit vorübergehendem Bewusstseinsverlust kommt. Im engeren Sinn spricht man jedoch nur dann von einer »echten« Epilepsie, wenn diese Anfälle ohne erkennbare Ursache, d. h. vollkommen überraschend auftreten. Sie sind Ausdruck einer elektrischen Entladung des Gehirns. Ein einziger Anfall macht aber noch keine Epilepsie aus. Von dieser darf man erst sprechen, wenn sich derartige Anfälle ohne erkennbare Anlässe oder unter besonderen Belastungen - Alkoholrausch, Hitzestauung, Übermüdung - in mehr oder minder großen Abständen wiederholen. Zwischen den Anfällen, die meist nur kurze Zeit dauern, erscheinen die meisten Kranken vollkommen unauffällig. Bei etwa 7 Prozent aller Anfallskranken besteht eine familiäre Häufung, dennoch ist die Epilepsie keinesfalls eine Erbkrankheit. Entgegen einer häufig geäußerten Ansicht hat das Leiden auch nichts mit Geisteskrankheiten oder Geistesschwäche zu tun. Eine Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit kann allenfalls dann eintreten, wenn die Kranken viele Jahre lang eine größere Anzahl epileptischer Anfälle hatten. Durch jeden Anfall werden nämlich Hirnzellen in Mitleidenschaft gezogen, so dass es mit der Zeit zu ausgedehnten Hirnzellschäden kommen kann. Auch sind Anfallskranke nicht von Haus aus schwierige Menschen; sie können allerdings von einer unverständigen Umgebung dazu gemacht werden.
Man unterscheidet 2 Arten epileptischer Anfälle:
Beim großen Krampfanfall (Grand mal) stürzt der Kranke plötzlich bewusstlos zu Boden, wird steif und zuckt mit Armen und Beinen; die geöffneten Augen blicken starr; die Lippen sind bläulich verfärbt; aus dem Mund tropft Speichel. Nicht selten beißt sich der Betroffene in die Zunge und entleert unkontrolliert die Blase. Nach dem Anfall schläft er ruhig. Manche Kranke empfinden vor dem Anfall merkwürdige Vorzeichen - Licht-, Geräusch- oder Geruchswahrnehmungen -, die man zusammengefasst als Aura bezeichnet. Daneben gibt es verschiedene Ausprägungsformen kleiner Anfälle (Petit mal): blitzartiges, kurzes Ein- und Vorwärtsbeugen von Kopf, Rumpf und Nacken im frühkindlichen Alter; anfallsweise kurze Abwesenheit (Absence); Zuckungen in Schultern und Armen; Dämmerattacken mit unverständlichem Verhalten (Schnüffelbewegungen usw.). Nicht selten verliert der Betroffene mitten in einer Tätigkeit plötzlich für wenige Sekunden das Bewusstsein, unterbricht zum Beispiel einen Satz oder lässt einen Gegenstand fallen und starrt einen Moment ausdruckslos vor sich hin. Anschließend fährt er - so als sei nichts geschehen - mit seiner Beschäftigung dort fort, wo er vorher aufgehört hat.
Folgendes Verhalten wird bei einem epileptischen Anfall empfohlen: Ruhe bewahren und den Kranken unbesorgt liegen lassen. Die Zuckungen sollen nicht durch Festhalten unterdrückt werden. Ebenso ist es verkehrt, harte Gegenstände zwischen die Zähne zu schieben. Dadurch kann man erheblichen Schaden anrichten, wohingegen der Zungenbiss harmlos ist und rasch verheilt. Sinnvoll ist es, dem Kranken eine weiche Unterlage unter den Kopf zu schieben. Nach dem Anfall darf der Betroffene nicht allein gelassen werden, bis er wieder bei vollem Bewusstsein ist. Meist erübrigt es sich, einen Arzt zu rufen, da der Anfall schneller vorüber ist, als der Arzt zur Stelle sein kann. Nur wenn ein Anfall länger als eine halbe Stunde dauert, ist ein Arzt hinzuzuziehen. Bei kleinen Anfällen gilt es vor allem aufzupassen, dass die verwirrten Kranken nicht davonlaufen.
Behandlung:
Die Epilepsie kann heute mit Tabletten (Antikonvulsiva) erfolgreich behandelt, jedoch nicht vollständig geheilt werden. Je früher die Therapie einsetzt, desto besser sind die Resultate. Wichtig ist, dass der Epileptiker die Tabletten in der vom Arzt angegebenen Menge regelmäßig einnimmt und auch nach längerer Anfallfreiheit nicht damit aufhört. Oie Behandlung erstreckt sich meist über einige Jahre. In vielen Fällen ist auch ein völliger Verzicht auf Alkohol geboten. Daneben ist ausreichender und regelmäßiger Schlaf von großer Bedeutung.
Epileptiker sollten auf jeden Fall ihre Ehepartner über die Natur des Leidens aufklären. Die Gefahr, dass eines der Kinder die Krankheit bekommen wird, ist etwa sechsmal größer als bei Kindern gesunder Eltern. Der Kranke darf Sport treiben, muss aber Überanstrengungen und besondere Risiken vermeiden. Hingegen ist einem Epileptiker grundsätzlich das Führen von Kraftfahrzeugen untersagt. Erst wenn der Kranke unter der Behandlung mindestens 2 Jahre anfallsfrei gewesen ist und auch nach Auswertung des EEGs nicht mit weiteren Anfällen zu rechnen ist, kann die Erteilung eines Führerscheins befürwortet werden. Bei der Berufswahl kommen Tätigkeiten mit Schwindel- und Absturzgefahr, Arbeiten in Nachtschichten und solche, die das Führen von Kraftfahrzeugen erfordern, nicht in Betracht.
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