Veitstanz Durch Schädigung bestimmter Gehirnregionen ausgelöstes Krankheitsbild mit regellosen, unsymmetrischen, plötzlich einsetzenden, kurz dauernden, unwillkürlichen Bewegungen. Diese können ganz diskret sein und wie »Verlegenheitsbewegungen« aussehen; sie können aber auch ausfahrend, ziellos und heftig werden, die täglichen Verrichtungen behindern und den Patienten nicht zur Ruhe kommen lassen, so dass eine totale Erschöpfung die Folge ist. Manchmal nehmen die Beschwerden im Schlaf ab. Im Gesicht zeigt sich der Veitstanz als Grimassieren und Schmatzen. Der Betroffene wirkt im Ganzen »ungeschickt« und »faxenhaft«. Auffallend ist der schlaffe Muskeltonus.
Man unterscheidet folgende Formen:
1. Die häufigste Form ist die Chorea minor (»kleine Chorea«), die auch »Chorea rheumatica« oder »Chorea infectiosa« genannt wird. Sie befällt vor allem Mädchen zwischen dem 5. und 15. Lebensjahr, und zwar besonders häufig im Anschluss an eine schwere Mandelentzündung oder an rheumatisches Fieber, (d. h. als Folge einer bakteriellen Infektionen mit Streptokokken) und stellt den Ausdruck einer fehlgeleiteten Immunantwort des Körpers dar. Nach anfänglicher »Zappeligkeit« entwickelt sich das typische Krankheitsbild innerhalb weniger Wochen: Die leichten, unwillkürlichen Muskelbewegungen steigern sich im Lauf der Zeit, bis der Kranke ständig in Unruhe ist, nicht mehr still sitzen kann, mit Armen und Beinen zuckt und unablässig das Gesicht verzieht. Er ist dann nicht mehr in der Lage, irgendwelche vernünftigen Bewegungen auszuführen, so dass zum Beispiel die Schrift vollkommen unleserlich wird. Hinzu kommen eine gereizte, oft weinerliche Grundstimmung sowie eine ausgeprägte Konzentrationsschwäche.
Bei der Behandlung mit speziellen Medikamenten besteht eine gute Rückbildungstendenz: Die Heilung tritt innerhalb einiger Monate ein. Es kann jedoch jederzeit zum Neuausbruch der Krankheit kommen, und bei etwa einem Drittel der Kranken bleiben Restsymptome, z. B. Ängstlichkeit und Zappeligkeit bei Aufregungen, zurück.
2. Die Chorea major (»große Chorea« oder Huntington-Chorea) ist eine meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr in Erscheinung tretende Erbkrankheit, der ein Gendefekt auf dem Chromosom 4 zu Grunde liegt. Ist ein Elternteil erkrankt, so besteht für die Kinder ein Erkrankungsrisiko von 50 %. Bei dieser Form des Veitstanzes ist der Gang besonders stark beeinträchtigt. Zudem haben die psychischen Störungen (Affekt- und Antriebsstörungen, Wahnbildungen, Halluzinationen) schließlich erhebliche Intelligenzausfälle zur Folge, die eine Anstaltspflege erforderlich machen. Zur Behandlung werden Psychopharmaka eingesetzt.
3. Die Chorea gravidarum (Schwangerschafts-Chorea) befällt vorzugsweise Erstgebärende und macht sich dann zwischen dem 3. und 5. Schwangerschaftsmonat bemerkbar. Da die Symptome sehr stark denen der Chorea minor ähneln, vermutet man, dass es sich hierbei um eine spezielle Erwachsenenform dieses Leidens handelt.