Lexikon

Bronchialasthma

Definition Bronchialasthma

Bronchialasthma Das Bronchialasthma ist eine echte »Volkskrankheit«, die weit verbreitet ist und in der Regel eine dauerhafte, erhebliche Beeinträchtigung des Wohlbefindens zur Folge hat. Es handelt sich dabei um eine anfallsweise auftretende, hochgradige Atemnot, die durch 3 Veränderungen im Bronchialsystem verursacht wird:

    1. krampfartige Verengung der Bronchialmuskulatur

    2. Schwellung der Bronchialschleimhaut

    3. erhöhte Produktion eines zähen Schleimes.

All diese krankhaften Prozesse haben zur Folge, dass die Bronchien stark eingeengt werden, was sich vor allem beim Ausatmen bemerkbar macht. Durch die Verkleinerung der Lichtung der Bronchien während des Anfalls wird der Patient die verbrauchte Luft nicht los. Beim Ausatmen bleibt daher mehr Luft als gewöhnlich in der Lunge zurück, so dass beim nächsten Atemzug nicht genügend frische Luft eingeatmet werden kann. Das hat zur Folge, dass die Lungen mit der Zeit immer mehr aufgebläht werden. Das Endstadium ist die durch den Elastizitätsverlust des Lungengewebes bedingte Lungenblähung (Lungenemphysem).

Das Bronchialasthma, für das neben dem Anfallcharakter die spontane Rückbildungsfähigkeit der Beschwerden typisch ist, kann vielerlei Ursachen haben, wobei eine unabdingbare Vorbedingung ein überempfindliches Bronchialsystem ist, das auf verschiedenartige Einflüsse mit einer erhöhten Reizbarkeit antwortet. Auch wenn oft eine vererbte Krankheitsanlage vorliegt, darf das Bronchialasthma jedoch keinesfalls zu den Erbkrankheiten gerechnet werden.

Der typische Asthmaanfall — ihm können Niesanfälle, Haut oder Augenjucken, Kopfschmerzen, Übelkeit, Verdauungsstörungen, vermehrtes Wasserlassen, Müdigkeit und Angst vorausgehen — setzt nach kurzem Beklemmungsgefühl plötzlich mit schwerer Atemnot ein. Die Kranken empfinden einen Druck um den Brustkorb, als würde dieser durch eiserne Reifen eingeschnürt. Charakteristisch ist die schon auf Entfernung hörbare Keuchatmung, die von quälenden Hustenattacken unterbrochen wird, wobei jedoch nur ganz geringe Mengen zähen, glasigen Schleims zu Tage gefördert werden. Durch die erschwerte Ausatmung entstehen röchelnde, brummende und pfeifende Geräusche. Der Patient hat Angst zu ersticken. Diese Angst und die allgemeine Aufregung steigern zusätzlich die Atemnot. Während des Anfalls, der besonders oft nachts auftritt, sitzen die ängstlichen Patienten aufrecht mit aufgestützten Armen da. Manchmal stürzen sie verzweifelt zum offenen Fenster und schnappen nach Luft. Das schweißgebadete Gesicht ist blass mit blauem Unterton, der Puls infolge der Anstrengung bis auf über 100 Schläge pro Minute beschleunigt. Der einzelne Anfall kann nur Minuten, aber auch Stunden oder mehrere Tage dauern. Ein Asthmaanfall, der länger als 24 Stunden anhält, stürzt den Kranken in akute Lebensgefahr, da Erstickung oder plötzliches Herzversagen drohen. Man unterscheidet folgende Asthmaformen:

1. Allergisches Asthma: Es wird durch Stoffe ausgelöst, die entweder mit der Luft eingeatmet oder mit der Nahrung zugeführt werden (Allergie). Derartige Substanzen, sogenannte Inhalationsallergene, sind: Hausstaub, Milben, Schimmelpilze, Tierhaare, Blütenpollen von Gräsern, Bäumen, Sträuchern, Blumen und Unkräutern im Frühjahr und Sommer, Getreide-, Mehl- und Kleiestaub, Hefe, Harze, ätherische Öle, Duftstoffe, Gewürze, Rohkaffee, Holzstaub, Staub von Baumwolle, Kapok, Flachs, Hanf und Jute, Kunststoffe, Lösungsmittel, Waschmittel. Mit der Nahrung können folgende Asthma auslösende Allergene zugeführt werden: Eier, Milch, Milchprodukte, Schokolade, Fische, Schalentiere, Fleisch, Tomaten, Erdbeeren, Nüsse, Honig, Nahrungsmittel und Getränke mit künstlichen Farbstoffen und Konservierungsmitteln.

Das allergische Asthma dominiert im Kindes- und Jugendalter; jenseits des 45. Lebensjahres verliert es an Bedeutung. Nicht selten leiden die Patienten vor dem ersten Auftreten bereits an einer anderen allergischen Krankheit, beispielsweise an Heuschnupfen, an einer allergischen Bindehautentzündung, einem Ekzem usw. Das allergische Asthma ist die einzige Asthmaform, bei der sich die Ursache, wenn hartnäckig danach geforscht wird, klar ermitteln lässt. Daher ist auch eine ursächliche Behandlung möglich: An erster Stelle steht das Vermeiden der auslösenden Faktoren, wozu eventuell sogar ein Berufswechsel erforderlich werden kann. Eine andere Methode, die Überempfindlichkeit zu lindern, besteht in der sogenannten Desensibilisierung: Dabei werden dem Patienten von dem Allergen — es muss zuvor durch umfangreiche Hauttests festgestellt werden — kleinste Mengen, die gerade noch eine leichte Reaktion auslösen, eingespritzt. Anschließend werden die Dosen allmählich gesteigert, bis schließlich die Unempfindlichkeit des Patienten erreicht ist.

2. Asthma durch chemische und physikalische Reize: Straßen- und Kohlenstaub, Auspuffgase, Küchendünste, Nebel, kalte, feuchtwarme und Zentralheizungsluft sowie — in besonders hohem Maße — Zigarettenrauch führen, wenn sie ständig eingeatmet werden, zu Funktionsstörungen der Atmung und zu Schädigungen der Bronchiolen. Auch hierdurch können Asthmaanfälle ausgelöst werden.

3. Anstrengungsasthma: Es kommt vor allem bei Kindern vor, und zwar besonders beim freien Laufen und Treppensteigen, seltener beim Radfahren und fast nie beim Schwimmen. Die Atemnot setzt erst 2-10 Minuten nach Ende der Belastung ein. Die Beschwerden klingen meistens innerhalb von 20-30 Minuten wieder ab. Bei asthmakranken Kindern wirkt die vorbeugende Inhalation eines Asthmamittels vor einer besonderen Anstrengung zuverlässig.

4. Schmerzmittelasthma: Es wird durch Substanzen ausgelöst, die in verschiedenen Schmerz-, Fieber-, Entzündungs- und Rheumamitteln vorhanden sind. Die Atembeschwerden treten 10 Minuten bis 1 Stunde nach der Einnahme geringster Mengen des betreffenden Medikaments auf.

5. Psychisch bedingtes Asthma: Es wird bei Patienten mit überempfindlichem Bronchialsystem durch psychische Faktoren — Angst, Ärger, Konflikte, freudige Erregtheit — ausgelöst, wobei allerdings anzumerken ist, dass derlei psychischen Faktoren bei Asthma nur eine prägende und modulierende Funktion haben. Ein körperlich vollkommen gesunder Mensch kann niemals allein durch seelische Einflüsse zum Asthmatiker werden.

6. Asthma ohne erkennbare äußere Ursache: Diese Form wird auch als Infektasthma bezeichnet, weil in einem Teil der Fälle ein Zusammenhang mit Infekten der Atemwege (Bronchialsystem, Nasennebenhöhlen) besteht. Wenn ein Asthma jenseits des 30. Lebensjahres beginnt, handelt es sich in über 90 Prozent der Fälle um ein nicht allergisches Asthma. Neben den beim allergischen Asthma genannten therapeutischen Möglichkeiten gibt es für alle anderen Formen nur eine symptomatische, die Krankheitszeichen bekämpfende Therapie. Dazu verwendet man Mittel zur Verhütung und Behandlung der Krampfzustände der Bronchialmuskulatur; Mittel zur Lösung und Verflüssigung des Schleimes; Antibiotika zur Bekämpfung einer Infektion der Atemwege; Corticosteroide (Kortison) zur Eindämmung entzündlicher Vorgänge. Asthmamittel können in den verschiedensten Zubereitungen verabfolgt werden; sehr bewährt ist die Inhalation mit Hilfe von Dosier-Aerosolen und neuerdings auch von feinst pulverisierten Substanzen (Aerosoltherapie). Unterstützend wirken Atemgymnastik, Bindegewebsmassage, Entspannungsübungen, Psychotherapie sowie eine Kurort- und Klimabehandlung.

Für Kranke mit mäßig häufigen Asthmaanfällen und guter medikamentöser Einstellung ist die langfristige Perspektive gut. Allerdings kann ein schwerer Asthmaanfall auch tödlich sein. Die Langzeitprognose hängt davon ab, ob im Krankheitsverlauf irreparable Schädigungen wie eine Lungenblähung oder ein Cor pulmonale entstehen.

Allgemeine Verhaltensregeln für Patienten mit Asthma:

    1. Das Rauchen muss unbedingt eingestellt werden.

    2. Alle als Auslöser des Asthmas erkannten Stoffe müssen zu Hause, im Beruf und im Urlaub gemieden werden.

    3. Erkältungen, besonders Atemwegsinfekte, müssen nach Möglichkeit vermieden werden. Kaltluft ist Gift für den Asthmatiker. Empfehlenswert ist die alljährliche Grippeschutzimpfung.

    4. Leichte körperliche Betätigung ist von Nutzen. Schwere körperliche Anstrengungen und Leistungssport sind dagegen zu unterlassen.

    5. Empfehlenswerte Sportarten sind: Schwimmen, Wandern, Rudern und Paddeln sowie das Bogenschießen mit seinem harmonischen Wechselspiel zwischen Anspannen und Lösen. Rad fahren und Laufen sind weniger günstig. Beim Wintersport ist wegen der Kaltlufteinwirkung die vorbeugende Anwendung eines Dosier-Aerosols angeraten.

    6. Neben der Atemgymnastik sind alle Arten von Entspannungsübungen — ganz besonders autogenes Training und Yoga — zu empfehlen.

    7. Günstige Urlaubsgebiete sind das Hochgebirge und die See, besonders die Nordseeinseln. Ein pollenfreies Klima garantieren Kreuzfahrten auf hoher See sowie das trockenwarme Wüstenklima.

    8. Vorteilhaft sind Kuren in einem Asthmaheilbad.

    9. Die Einstellung des Patienten ist für den Behandlungserfolg ausschlaggebend; diese muss auf dem »Prinzip Vertrauen« basieren:

    • Vertrauen zum behandelnden Arzt

    • Vertrauen zu den verordneten Mitteln

    • Vertrauen zu sich selbst.