Als Allergie bezeichnet man die Überempfindlichkeitsreaktion des Organismus bei einem Kontakt mit Substanzen, die in ähnlichen Mengen bei anderen Personen ohne Folgen bleiben. Die Veranlagung zur Allergie, an der schätzungsweise mehr als 2 Drittel der Bevölkerung leiden, kann konstitutionell vererbt oder im Lauf des Lebens erworben sein, wenn Fremdstoffe — im Fall der Allergie spricht man von Allergenen — in den Körper eindringen, reagiert das Immunsystem mit der Bildung von Antikörpern. Diese binden die Antigene an sich und machen sie unschädlich: Es entsteht ein sogenannter Antigen-Antikörper-Komplex. Die erste derartige Antigen-Antikörper-Reaktion hat noch keine sichtbaren Erscheinungen zur Folge. Bei einem zweiten Zusammentreffen zwischen Allergenen und den nunmehr reichlich vorhandenen Antikörpern verläuft diese Reaktion dann jedoch recht stürmisch, wobei kennzeichnend ist, dass dabei hormonähnliche Substanzen, unter anderem das Histamin, freigesetzt werden, die maßgeblich am Zustandekommen der allergischen Reaktion beteiligt sind.
Die Allergene werden in folgende Gruppen eingeteilt:
1. Inhalationsallergene: eingeatmete Allergene, die auf die Schleimhäute der Atemwege treffen. Hierher gehören: Hausstaub, Federn, Pollen, Blütenstaub, Pilzsporen, Haare usw.
2. Nahrungs- und Arzneimittelallergene: verschluckte Allergene, die auf die Schleimhäute des Verdauungstraktes treffen. Hierher gehören: Eier, Milch, Fische, Tomaten, Erdbeeren, Nüsse, Kakao, verschiedene Medikamente.
3. Kontakt- oder Hautallergene: Allergene, die auf äußere Haut und Schleimhäute treffen. Hierher gehören: Blütenpollen, Wiesenpflanzen, Pelze, Haustierhaare, Seide, Wolle, Leder, Kunststoffe, Chemikalien, Kosmetika. Medikamente, Desinfektionsmittel.
4. Injektionsallergene: Allergene, die durch Injektionen in den Körper gelangen. Hierher gehören: gruppenfremdes Blut, Impfstoffe, Medikamente (z. B. Penicillin).
5. Invasionsallergene: Sie gelangen auf verschiedenen Wegen in den Körper. Hierher gehören: Bakterien, Pilze, Würmer und andere Parasiten.
Die häufigsten auf einer Allergie beruhenden Krankheiten sind: Heuschnupfen, Bronchialasthma, Ekzem, Nesselsucht und Serumkrankheit. Außerdem gibt es eine Reihe allergischer Magen-Darm-Störungen sowie verschiedene Blut- und Gefäßkrankheiten, denen eine Überempfindlichkeitsreaktion zugrunde liegt. Die schlimmste, von einer Allergie ausgelöste Komplikation ist der allergische oder anaphylaktische Schock, der innerhalb kürzester Zeit zum Herzstillstand und damit zum Tod führen kann.
Zur Diagnose gehören neben der sorgfältigen Erhebung der Krankenvorgeschichte — hier spielen vor allem familiäre Besonderheiten eine Rolle — verschiedene Haut- und Schleimhauttests. So werden beispielsweise Allergenextrakte auf die Haut aufgebracht, nach 20-30 Minuten kann dann eine eventuelle Reaktion erkannt werden (Epikutantest); oder das getestete Allergen wird direkt an den Krankheitsort gebracht, also beispielsweise bei Verdacht auf allergisches Bronchialasthma eingeatmet, wodurch ein leichter Asthmaanfall ausgelöst wird. Schließlich gibt es noch eine Reihe von Labortests, bei denen mit Hilfe immunologischer Methoden im Blutserum zirkulierende Antikörper erfasst werden.
Für die Behandlung stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
1. Ausschaltung der Allergene (Allergenkarenz), z. B. »Schlafzimmersanierung« bei nachgewiesener Allergie auf Bettfedern.
2. Expositionsprophylaxe: Gefährdete Personen aus Allergikerfamilien sollten bestimmte Berufe, z. B. den des durch Mehlstaub gefährdeten Bäckers, nicht ergreifen. Bei schweren Allergien kann es sogar sinnvoll sein, in eine andere Gegend — z. B. ins Hochgebirge oder auf eine Insel — zu ziehen.
3. De- oder Hyposensibilisierung: Durch die Zufuhr des Allergens in zunächst sehr kleinen, dann nach und nach immer höheren Dosen versucht man, die Empfindlichkeit des Organismus gegenüber der betreffenden Substanz abzuschwächen.
4. symptomatische Behandlung: Diese richtet sich nach den vorherrschenden Krankheitszeichen und kann dauernd oder nur zeitweilig durchgeführt werden. Hierfür können antiallergisch wirkende Arzneimittel, insbesondere Corticosteroide und Antihistaminika, sowie örtlich begrenzt wirkende Medikamente — Nasentropfen, Salben, bronchialerweiternde Inhalationen usw. — eingesetzt werden.
5. psychotherapeutische Beeinflussung: Da psychische Faktoren bei allen Allergikern eine nicht unbedeutende Rolle spielen, müssen diese nach Möglichkeit ausgeschaltet werden. Das gilt ganz besonders für Asthmakinder, bei denen nicht selten die Mutter-Kind-Beziehung gestört ist. Hier können sich auch Hypnose und autogenes Training segensreich auswirken. Besonders zu empfehlen ist eine Kombination der Psychotherapie mit Atemgymnastik bzw. mit einer Kurort- und Klimabehandlung.
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