Lexikon

Schlaganfall

Definition Schlaganfall

auch bekannt als: Apoplexie, Gehirnschlag

Schlaganfall Gehirnschädigung infolge plötzlicher Unterbrechung der Blutzufuhr. Der Schlaganfall ist nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen - vor allem dem Herzinfarkt - und Krebs die dritthäufigste Todesursache in den Industrienationen. In Deutschland werden jährlich rund 200 000 Menschen von einem Schlaganfall betroffen. Das Risiko steigt mit dem Lebensalter: So erleiden bei den 60-70-Jährigen 400 von 100 000 Menschen einen Schlaganfall, während es bei den über 75-Jährigen bereits dreimal so viele sind. Jeder 5. Patient verstirbt unmittelbar; etwa drei Viertel der Betroffenen behalten Folgeschäden, und zwar vor allem Lähmungen und Sprachstörungen, zurück. Jeder 3. Patient bleibt schwer behindert, und gerade bei älteren Menschen bahnt der Schlaganfall nicht selten den Weg in die Pflegebedürftigkeit mit all ihren Konsequenzen für den Kranken selbst wie auch für seine Angehörigen.

Die Unterbrechung der Blutzufuhr kann grundsätzlich 2 verschiedene Ursachen haben:

1. In etwa 85 Prozent der Fälle handelt es sich um den Gefäßverschluss einer Gehirnarterie durch eine örtliche Thrombose (wobei das betroffene Blutgefäß meist eine Arteriosklerose aufweist) oder durch eine Embolie, d. h. durch ein mit dem Blutstrom herbeigeführtes Gerinnsel.

2. In den restlichen 15 Prozent der Fälle ist eine Hirnblutung durch ein geplatztes Gefäß schuld, wodurch der von diesem Gefäß abhängige Gehirnbereich nicht mehr mit Blut versorgt wird. Hauptrisikofaktor hierfür ist die Hypertonie (Bluthochdruck), weitere Ursachen sind die Arteriosklerose der Hirngefäße, ein Aneurysma (sackartige Ausbuchtung) eines Hirngefäßes oder die medikamentöse Behandlung mit Gerinnungshemmern (Antikoagulanzien).

Man kann verschiedene Schweregrade des Schlaganfalls unterscheiden:

  • Im Stadium I kann eine Verengung oder sogar der Verschluss einer Gehirnarterie vorliegen, ohne dass irgendwelche Symptome auftreten. Wenn bei einer Untersuchung zufällig ein solcher Befund erhoben wird, kann durch eine Operation das Hindernis eventuell beseitigt werden.
  • Das Stadium II ist durch eine rasch vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns (transitorische ischämische Attacke = TIA) gekennzeichnet: Dabei kommt es zu 2-15 Minuten anhaltenden, sich spätestens aber innerhalb von 24 Stunden zurückbildenden neurologischen Ausfallserscheinungen wie flüchtige Blindheit, Halbseitenschwäche mit oder ohne Gefühlsausfall, Sprach- und Schluckstörung sowie Sturzanfälle ohne Bewusstseinsstörung. Da 35 Prozent der Patienten mit einer TIA innerhalb von 5 Jahren einen Schlaganfall mit bleibenden Ausfällen erleiden, ist die TIA als überaus ernstes Warnzeichen aufzufassen, das unbedingt Anlass zu einer gründlichen internistischen und neurologischen Untersuchung sein sollte. Dabei können möglicherweise operativ behebbare Gefäßveränderungen oder außerhalb des Gehirns liegende Ursachen (z. B. Herzrhythmusstörungen) entdeckt und entsprechend behandelt werden. Wenn sich die neurologische Symptomatik zwar vollständig, aber langsamer zurückbildet, spricht man von einem prolongierten reversiblen ischämischen neurologischen Defizit (PRIND).
  • Das Stadium III ist der frische vollständige Hirninfarkt mit den 3 Möglichkeiten einer kompletten, teilweisen oder gar keiner Wiederherstellung. Dabei ist der typische Schlaganfall durch eine plötzliche, im Schlaf oder aus vollem Wohlbefinden heraus auftretende Halbseitenlähmung charakterisiert, wobei dem Anfall manchmal Kopfschmerzen und Unwohlsein vorausgehen. Die Lähmung kann eine ganze Körperhälfte oder nur Gesicht und einen Arm oder nur ein Bein, oft verbunden mit einer Gefühlsstörung, betreffen. Eine Bewusstseinsstörung kann, muss aber nicht vorliegen; das gleiche gilt für Sprachstörungen und herabhängenden Mundwinkel. Die anfangs schlaffen Lähmungen gehen später in spastische (krampfartige) über. Auch Übelkeit, Erbrechen und Krämpfe können auftreten.
  • Das Stadium IV umfasst den Endzustand nach Schlaganfall mit neurologischen Symptomen über die 4. Woche hinaus. Da sich die Bewegungsnerven, die vom Gehirn zum Rückenmark führen, im verlängerten Mark kreuzen, kommt es bei Blutung in der linken Gehirnhälfte zu Lähmungen der rechten Körperhälfte und umgekehrt.

Typische Symptome, die auf einen Schlaganfall hindeuten, sind:

  • plötzliche Schwäche oder Gefühlsstörungen einer Körperseite, besonders des Gesichts oder Arms;
  • halbseitige Lähmungserscheinungen (vollständig oder teilweise);
  • einseitig herabhängender Mundwinkel;
  • plötzlicher Verlust der Sprechfähigkeit oder Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen;
  • plötzliche Sehstörungen, oft nur auf einem Auge;
  • vorübergehendes Sehen von Doppelbildern;
  • plötzlich einsetzender Schwindel mit Gangunsicherheit;
  • einmalig und plötzlich auftretende, sehr heftige Kopfschmerzen.

Für den Schlaganfall sind folgende Risikofaktoren ermittelt worden:

  • Hypertonie (Bluthochdruck);
  • koronare Herzkrankheit;
  • Zuckerkrankheit;
  • Fettsucht bzw. starkes Übergewicht;
  • Rauchen;
  • Bewegungsmangel;
  • übermäßiger Alkoholkonsum.Zur Vorbeugung eines Schlaganfalls gehören:
  • die sofortige Behandlung einer transitorischen ischämischen Attacke;
  • die Bekämpfung bzw. Abstellung der Risikofaktoren;
  • die Stabilisierung von Herz und Kreislauf, insbesondere die Behandlung eines Bluthochdrucks. Man geht heute davon aus, dass sich durch eine effektive Behandlung des Hochdrucks das Schlaganfallrisiko um etwa 40 Prozent (!) reduzieren ließe;
  • ggf. die Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes durch Antikoagulanzien.

Behandlung: So schnell wie möglich muss der Kranke in ein Krankenhaus gebracht werden, günstigstenfalls in eines mit einer Spezialabteilung für Schlaganfall-Patienten (»Stroke- Unit«). Man weiß heute, dass es in einem derartig ausgerüsteten Notfallzentrum innerhalb der ersten 3 bis maximal 6 Stunden nach einem Schlaganfall möglich ist, ein Blutgerinnsel wieder aufzulösen und damit die Durchblutung wiederherzustellen. Deshalb sollte man, anstatt zuerst den Hausarzt aufzusuchen, sofort einen Rettungswagen rufen!

Nach der Akutbehandlung ist die wichtigste Maßnahme die korrekte Einstellung von Blutdruck und Stoffwechsel; außerdem müssen Kreislauf und Atmung überwacht werden. Bei Hirnblutungen kann möglicherweise eine neurochirurgische Operation die Situation des Betroffenen verbessern. Zusätzlich wird nach einem Gefäßverschluss meist eine Langzeitbehandlung mit Medikamenten eingeleitet, die die Blutfließeigenschaften verbessern. Anschließend wird zur Unterstützung der natürlichen Heilungsvorgänge und zur Verhinderung von schweren Folgeschäden ein umfangreiches Rehabilitationsprogramm aufgestellt. Es soll helfen, den Betroffenen optimal zu fördern, seine Möglichkeiten zu aktivieren und ihm Hilfestellung beim möglichst selbstständigen Verrichten von Tätigkeiten zu geben.